Quack & Fischer Verwaltungs und Produktionsräume

Baudenkmal Details
Listenart industrielle Denkmäler
Listennummer 550
Baujahr 1906/1912/1960
Eingetragen seit 13.03.2023
Flur / Flurstück 102/308
Adresse
Lichtenberg 6
Viersen

Darstellung der wesentlichen charakteristischen Merkmale
Das Denkmal besteht aus Verwaltungs- und Produktionsgebäuden L-förmig entlang den Straßen Lichtenberg und Seilerwall. Wesentliche Zeitschichten der Entstehung sind die ältesten erhaltenen Bauten der 1897 begründeten Firma aus den Jahren ab 1906, die Erweiterungsbauten ab 1912, sowie die abermalige Erweiterung aus den 1960er Jahren. Als Tochterunternehmen der Kaiser’s Kaffeeröstereien ist die Verpackungsfabrik Zeugnis für die Herausbildung kommerzieller Marken und deren für Werbezwecke entwickelte Corporate Identity. Damit wurde ein zentraler Grundstein gelegt für den Handel und das Wirtschaften am Beginn der Industriemoderne, welche wesentlich auf der überregionalen Distribution industriell hergestellter Güter basieren und auf diese Weise unsere Form des Konsums bis heute prägen. Das Denkmal ist insofern bedeutend für die Geschichte des Menschen. Es ist damit gleichzeitig Zeugnis für die Industrialisierung der Stadt Viersen – insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung des Kaiser’s-Konzerns – und somit Bedeutend für Städte und Siedlungen. Die Bedeutung für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse leitet sich daraus ab, dass hier ein früher, auf maschineller Produktion basierender Betrieb entstand, der die alltägliche Arbeitswirklichkeit der Arbeiter*innen entsprechend prägend veränderte.

Die Erhaltung und Nutzung des Denkmals liegt aus wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse, weil sich hier aus industriegeschichtlicher Perspektive die Entwicklung der mittelständischen Industrie in stadtnahen Gebieten nachvollziehen lässt. Aus architekturhistorischer Sicht ist das Objekt Beispiel für die Bemühungen um eine gestalterische Einpassung der Industriearchitektur in das städtische Umfeld im frühen 20. Jahrhundert. Aus städtebaulicher Sicht ist das Denkmal erhaltens- und nutzenswert, weil es die historische industrielle Prägung des Stadtteils belegt, welche eklatanten Einfluss auf die Entwicklung der Nachbarschaft hatte, ganz konkret etwa mit der Errichtung der angrenzenden – so die Bezeichnung in einem historischen Briefkopf – „Beamten-Wohnhäuser“.

Lage und Schutzumfang
Das ehemalige Produktionsareal der Verpackungsfabrik befindet sich im Südwesten der Stadt Viersen, südwestlich der Straßenecke Lichtenberg/Seilerwall. Im Norden und Westen grenzt jenseits der Straßen kleinteilige Wohnbebauung an das Areal an, im Osten befindet sich direkt anschließend an die Bauten der Fabrik die Zeile der zweieinhalbgeschossigen „Beamten-Wohnhäuser“. Hinter diesen Häusern – westlich des Firmenareals – befindet sich eine Rasenfläche. Im Süden der Anlage schließen wenige Bauten der Kleinindustrie auf einem ansonsten waldartigen Gelände an.

Das Denkmal besteht aus dem um 1907 errichteten Verwaltungs- und Produktionsgebäude entlang der Straße Lichtenberg sowie den Verwaltungs- und Produktionsbauten aus den Jahren um 1911 inklusive Aufstockung aus den 1960er Jahren entlang des Seilerwalls. Hierzu gehört auch die im Süden befindliche Fassade der Shedhalle inklusive der Halle selbst bis zur ersten Trennwand. Die hieran gen Südwesten anschließende Shedhalle sowie der Shedhallenbereich entlang der westlichen Grundstücksgrenze ist nicht Teil des Schutzumfangs. Ebenfalls nicht Teil des Schutzumfangs ist die ehemalige Kraftzentrale.

Explizit im Schutzumfang enthalten sind die drei verbliebenen Pfeiler der Werkszufahrt an der Straße Lichtenberg.

Entstehungs- und Baugeschichte
Die Verpackungsfabrik Quack+Fischer ist im Jahr 1897 als Druckerei begründet worden und um 1906 von der damaligen „Kaiser’s Dampf Kaffee Rösterei“ gekauft und nach Viersen transferiert worden, um fortan sämtliche Tüten, Beutel und Schachteln für die Produkte des rasch expandierenden Lebensmittelhandels zu fertigen. In diesem Zuge entstanden die ersten Verwaltungs- und Produktionsbauten der ehemaligen Verpackungsfabrik inklusive Kraftzentrale entlang der Straße Lichtenberg nach Plänen des Architekten Johannes Reck, welcher 1904 auch das Wohnhaus von Josef Kaiser errichtet hatte. Bereits kurze Zeit später, um 1911, ist die Anlage – ebenfalls nach Plänen von Reck – erweitert worden, dieser Bauteil erstreckt sich im Wesentlichen entlang des Seilerwalls und ist in den 1960er Jahren aufgestockt worden. Die im rückwärtigen Grundstücksbereich befindlichen Shedhallen stammen großteils ebenfalls aus der Aufbauphase des Betriebs vor dem Ersten Weltkrieg, lediglich der südwestliche Teil des Hallenbereichs scheint nach Beschädigungen während des Zweiten Weltkriegs neu aufgebaut worden zu sein.

Das Unternehmen Quack+Fischer, das schnell nach der Übernahme durch Kaiser’s wieder eigenständig geführt wurde und für zahlreiche Herstellerfirmen vornehmlich aus der Lebensmittelbranche Verpackungen produziert, ist im Jahr 2020 an einen neu errichteten Standort in Viersen verzogen.

Beschreibung der denkmalwerten Bauten

A - Verwaltungs-, Produktions- und Lagergebäude an der Straße Lichtenberg
Unterteilt ist der Gebäudekomplex in das villenartige Verwaltungsgebäude inklusive Hausmeisterwohnung im Osten und das straßenbegleitende Produktions- und Lagergebäude im Westen.

Produktions- und Lagergebäude
Es handelt sich um einen zweigeschossigen, 14-achsigen Backsteinbau, flach gedeckt mit einer die Fassade nach oben hin abschließenden, mit roten Dachziegeln belegten Blende, die ein Schrägdach andeutet. Dem Straßenverlauf folgend ist die Haupt- bzw. Nordfassade zwischen der vierten und fünften Fensterachse (von Osten) leicht nach innen geknickt. Je zwei Fensterachsen sind zu einem Fassadenfeld zusammengefasst, indem die jeweiligen Fenster direkt nebeneinander mit gemeinsamer Sohlbank positioniert und die Felder durch waag- und senkrechte Wandvorlagen voneinander abgetrennt sind. Die siebte bis zehnte Fensterachse von Osten, beziehungsweise das vierte und fünfte Fassadenfeld, treten leicht aus der Flucht der übrigen Fassadenfelder in die Flucht der Wandvorlagen hervor. Hier ist heute noch die hervorgehobene Fassadenzone nachvollziehbar, die bis zum vereinfachten Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem zusätzlichen Giebel bekrönt war.

Im Erdgeschoss sind in der Regel ein Fenster pro Achse/ zwei Fenster pro Fassadenfeld, mit Ausnahme der beiden westlichen Fassadenfelder vorzufinden. Diese Fensteröffnungen sind mit Glasbausteinen ausgemauert. Die ursprünglichen Fensteröffnungen waren flach überwölbt, weisen heute einen geraden Sturz. Die Sohlbänke sind durchgängig aus hervortretenden Ziegeln gebildet.

Im Obergeschoss sind Fenster durchgängig original erhalten: je zwei pro Fassadenfeld mit flachbogigem Sturz und gemeinsamer Sohlbank. Die Stürze der Achsen 1-6 sowie 11-14 treten jeweils plastisch aus der Fassade hervor und sind direkt unterhalb der Traufe durch ein hervortretendes Ziegelband gestalterisch zusammengefasst. Die Fenster der Achsen 7-10 rücken innerhalb der Fassadenfelder etwas weiter auseinander und sind höher als diejenigen der Regelachsen.

Eine waagerechte Gliederung der Fassade ergibt sich zudem durch waagerecht über die gesamte Fassade geführte gelbe Ziegelbänder in der ansonsten aus rotem Ziegel ausgeführten Fassade: ein Band auf Höhe des oberen Bereichs der Fenster im Erdgeschoss (ursprünglich zwischen Fensterflügeln und Oberlicht), ein doppeltes Band zwischen den Fenstern von Erdgeschoss und Obergeschoss, mit vertikalen Streifen zwischen oberem und unterem Band im Bereich der hervorgehobenen Fensterachsen 7 bis 10), ein Band auf Höhe der waagerechten Sprossen der Fenster im Obergeschoss und im Bereich der Fensterachsen 7 bis 10 zudem ein Band auf Höhe des Holms zwischen Fensterflügel und Oberlicht der Regelachsen.

Diese waagerechte Unterteilung der Fassade wird an der schmalen, nicht durfensterten Westfassade weitergeführt. Nach oben wird diese Fassade durch einen plastisch geziegelten, entsprechend aufwändig schmuckvoll gestalteten Giebelaufbau abgeschlossen.

Eine Südfassade existiert nicht, da hier die – nicht denkmalwerten – Shedhallen anschließen. Im Süden allerdings denkmalwert ist die zu den Sheds hin befindliche Pseudo-Dachzone inklusive ihrer original erhaltenen Durchfensterung.

Denkmalwerte Elemente im Inneren

Eine offene Grundrissstruktur wird erreicht, da die Konstruktion auf offen Stahlpfeilern ruht, die vor allem im Obergeschoss entlang der gesamten Längsausdehnung des Gebäudes in der Raummitte freistehen. Der großflächig erhaltene Bodenbelag aus belastbaren Kunststeinplatten im Erdgeschoss und die kleiner formatigen Bodenfliesen im Obergeschoss sind im Original erhalten. Zudem sind im gesamten Obergeschoss die bauzeitlich erhaltenen Fenster inklusive ihrer Schließmechanik und Beschläge vorzufinden.

Verwaltungsbau
Der Verwaltungsbau, zweigeschossig mit Walmdach (Traufe quer zur Straße), grenzt direkt östlich an das Produktions- und Lagergebäude Es ist ebenfalls als roter Ziegelsteinbau mit gleicher horizontaler Bänderung in gelbem Ziegel wie beim Nebengebäude ausgeführt. Die Nordfassade zur Straße hin ist dreiachsig, die beiden westlichen Achsen sind durch Lisenen und einen abgewalmten Giebel zusammenfassend hervorgehoben. Die Fensterstürze im Erdgeschoss sind begradigt, im Obergeschoss hingegen als flacher Bogen erhalten. Das Giebelfeld ist mit Ziegeln plastisch gestaltet und wird durch vier hochrechteckige Fenster geöffnet. Die Dachfläche ist mit Ausnahme eines kleinen Flächenfensters im oberen Bereich geschlossen.

Die Ostfassade zur Werkseinfahrt im Wesentlichen zweigeteilt: Ein einachsiger Bauteil mit abgewalmtem Giebel tritt aus der Gebäudeflucht heraus. Der Fenstersturz im Erdgeschoss ist begradigt und im Obergeschoss als flacher Bogen erhalten. Das mit Ziegeln plastisch gestaltetes Giebelfeld mit vier hochrechteckigen Fenstern geöffnet. Die südlich hinter diesem Bauteil befindliche Fassade zeigt im Erdgeschoss den über eine Treppe erreichbaren Eingang mit der doppelflügeligen hölzernen originalen Eingangstür und ein drüber befindliches Fenster im nördlichen Bereich, im südlichen Bereich die hochrechteckige Durchfensterung für das innen liegende Treppenhaus. Im Dachbereich befindet sich eine flache, doppelt durchfensterte Gaube, die Dachfläche

ist ansonsten geschlossen.

Die Südfassade ist dreiachsig ausgebildet. Die östlichste Achse ist spärlich durchfenstert und verfügt über eine eigene abschließende Dachzone auf Höhe des Obergeschosses. Die beiden westlichen Achsen sind bis zur Dachtraufe hin ausgebildet. Als aus der Gebäudeflucht hervorgehobener Bauteil verfügen sie über einen bis zur Traufe hinunter abgewalmten Giebel mit einer doppelt durchfensterten flachen Gaube. Im Erdgeschoss sind die beiden Fenster nach Osten gerückt, weil im Westen der (nicht denkmalwerte) Hallenanbau an das Gebäude angrenzt, im Obergeschoss befinden sich zwei Fensteröffnungen. Alle Fensterstürze sind als flacher Bogen ausgeführt. Die Dachfläche ist mit Ausnahme der Gaube geschlossen. Gleiches gilt auch für die Dachfläche gen Westen.

Denkmalwerte Elemente im Inneren

Neben der doppelflügeligen, hölzernen Eingangstür sind der in schmuckvoller Bodenkeramik ausgeführte Bodenbelag des Eingangsbereichs sowie der in Steinfliesen ausgeführte Bodenbelag im Bereich der Treppe sowie die geschwungene Treppe inklusive der Holzstufen und dem hölzernen Geländer im westlichen Bereich des Gebäudes im Original erhalten.

B – Verwaltungs- und Produktionsgebäude an den Straßen Lichtenberg und Seilerwall
Das zweieinhalbgeschossige, flach gedeckte Gebäude ist L-förmig entlang der beiden Straßenfluchten angelegt, sechsachsig zur Straße Lichtenberg, 14achsig zum Seilerwall. Zur Straßenecke hin ist die Gebäudeecke schräg geführt und bildet im Obergeschoss einen skulptural über das Erdgeschoss hervortretenden Erker aus. Das Tiefparterren-Geschoss, das darüber liegende Hochparterre- bzw. Hauptgeschoss sowie die Eckausbildung des Obergeschosses (beschriebene Erkerlösung sowie je drei Fensterachsen entlang beider Straßen) stammen wesentlich aus der Erbauungszeit um 1911, das schlichte Obergeschoss im Wesentlichen aus den 1960er Jahren.

Die Nordfassade zur Straße Lichtenberg besteht aus sechs Fensterachsen. Die Fassadenflucht der drei östlichen Achsen treten gegenüber dem westlichen Fassadenteil

leicht hervor. Der Sockel ist durchgängig hervortretend und verputzt. Die Achsen sind je identisch aufgebaut: Das Fenster des Tiefparterres ist mit demjenigen des Hochparterre gestalterisch in einem Fassadenfeld zusammengefasst, welches mit dem Rundbogensturz des Hochparterre-Fensters abgeschlossen wird. Das Fenster des Tiefparterres ist mit einem waagerechten verputzten Sturz überfangen und mit einem bauzeitlichen Gitter gesichert. Darüber befindet sich eine schlanke Brüstung aus Ziegel, hierüber das Rundbogenfenster des Hauptgeschosses mit Solbänken aus Sandstein. Über einem hervortretenden Sims ist dann die quadratische Fensteröffnung des nachträglich aufgestockten Obergeschosses mit Solbänken aus Sandstein eingelassen, in den drei östlichen Achsen hinter einer Blendfassade des Ursprungsbaus. Über der Ebene der Obergeschossfenster befindet sich ein durchlaufendes helles Band. Denkmalwerte Fenster sind aus der Erbauungszeit um 1906 im Tiefparterre sowie aus der Erweiterungszeit in den 1960er Jahren Glasbausteine in den drei östlichen Achsen und Holzrahmenfenster westlich im Obergeschoss erhalten.

Die Schrägfassade an der Straßenecke verfügt im Tiefparterre über die gleiche vergitterte Fensteröffnung wie an der Nordfassade, darüber über ein niedriges Doppelfenster mit Sandsteinumfassung und darüber über den plastisch hervortretenden Erker. Originale denkmalwerte Fenster sind hier im Tiefparterre sowie im Obergeschoss als Glasbausteine vorhanden.

Die Ostfassade verfügt über die gestalterisch identischen Fensterachsen wie die Nordfassade. Die Fassade springt nach der dritten Achse (von Norden) leicht zurück, nach der sechsten Achse leicht nach vorn - hier befand sich oberhalb der Hochparterre ursprünglich ebenfalls ein Blendfassaden-Aufbau - und nach der zehnten Achse wieder zurück. Denkmalwerte originale Fenster sind hier im Tiefparterre sowie im Obergeschoss als Glasbausteine. Zudem sind im Hochparterre in den Achsen 4 bis 14 die originalen Stahlsprossenfenster denkmalwert erhalten.

Zur Werkseinfahrt hin zeigt sich die Westfassade durch flache, pilasterartige Wandvorlagen ebenfalls in drei Achsen unterteilt. Die äußeren Achsen sind undurchfenstert, vor der mittleren Achse befindet sich ein Vorbau, der den Gebäudezugang enthält und mit einem stehenden Rundbogenfenster großzügig belichtet wird. Darüber befindet sich ein Fenster. Die waagerechte Gliederung durch Sims und Schmuckband wird wie an den Straßenfassaden übernommen. Hieran schließt zur Hofseite ein eingeschossiges, flach gedecktes und über einer Brüstungszone vollständig verglastes Pförtnerhäuschen an, welches 1956 nach Plänen des Mönchengladbacher Architekten Walter Lenzen errichtet worden ist.

Zum Hof hin zeigt sich das Gebäude des Gebäudeteils entlang des Seilerwalls ungeschmückt, allerdings mit originalen, denkmalwerten Fenstern - Stahlsprossen im Erdgeschoss, Holzrahmen im Obergeschoss -. Denkmalwert sind hier auch die Ladebühne, die mit Stahl-Schiebetoren das Innere erschließt sowie der nach Westen aus der Gebäudeflucht hervortretende Treppenhausanbau mit Stahltür zum Hof.

Denkmalwert im Inneren

Das Innere des Produktionsbereichs entlang des Seilerwalls ist geprägt durch die offene Grundrissdisposition und offene Tragstruktur. Die Industriefliesen im Tiefparterre sowie im Obergeschoss des Produktionsbereichs entlang des Seilerwalls sind im Original vorhanden. Im Treppenhaus mit Treppenanlage inklusive Treppengeländer im Anbau des Produktionsbereichs befinden sich Deckenhaken zum Heraufziehen und Ablassen von Lasten oberhalb des Treppenauges.

Im ehemaligen Verwaltungsteils entlang der Straße Lichtenberg ist im Eingangsbereich, Treppenhaus und im Flur die originale Ausstattung der Wand- und Bodenkeramik, zum Teil aus Solnhofener Platten, bewahrt worden.

C – Shedhallen
Südlich an das beschriebene Lager- und Produktionsgebäude am Seilerwall schließt eine Shedhalle an, die sich über die gesamte Breite des südlichen Firmengeländes zieht. Die Halle gehört bis zur ersten Trennwand zum Schutzumfang. Die fünf Sheds sind zum Seilerwall hinter mit Blendgiebeln verborgen. Der Hallenbereich ist unterkellert.

Die Ostfassade zum Seilerwall ist – dem Straßenverlauf folgend leicht geknickt –in fünf Bereiche unterteilt, welche auf Höhe der Sheds je einen eigenen Giebel ausbilden. Der Aufbau der einzelnen Fassadenbereiche ist stets gleich: im Tiefparterre ein breites, liegendes Fenster mit waagerechtem Sturz; über dieser Fensterzone durchlaufend ein waagerechtes Schmuckband aus hochkant verlegten Ziegeln; hierüber je eine Gruppe von drei hochrechteckigen Lanzettfenstern (original erhalten) unter einem flachbogigen Sturz, mit hellem Klinker gestalterisch hervorgehoben; hierüber die partiell mit hellem Klinker plastisch gestalteten Giebelflächen in zwiebelartigem Zuschnitt. Zwischen den einzelnen Fassadenbereichen sind vertikale Wandvorlagen plastisch gestaltet.

Die Sheds im Inneren sind als Holzkonstruktion auf gusseisernen Stützen konzipiert, die im Erdgeschoss sichtbar und im Untergeschoss in Beton eingegossen sind

Begründung der Denkmaleigenschaft

Bedeutung für die Geschichte des Menschen
Als Tochterunternehmen des seit Ende des 19. Jahrhunderts auch überregional expandierenden Kaiser’s-Kaffeeunternehmen begründet, steht die Verpackungsfabrik Quack+Fischer für die überregionale Vermarktung der Kaiser’s-Produkte und damit deren weitläufige Etablierung als Marke bzw. die Herausbildung von deren Corporate Identity. 1881 begründet, verfügte das Kaffee- und Schokoladenunternehmen im Jahr 1900 bereits über 500 Filialen im Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens sowie in Berlin. Das über 100 Jahre lang verwendete Firmenlogo der Marke Kaiser’s - eine Kaffeekanne – ist im Jahr 1904 eingeführt und 1914 von Peter Behrens letztmalig überarbeitend gestaltet worden. In der Verpackungsfabrik wurden Tüten, Beutel und Schachteln für sämtliche Kaiser’s-Produkte hergestellt und bedruckt. Die ehemalige Fabrik Quack+Fischer ist damit Zeugnis für die Entwicklung von Markennamen, wie sie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Wirtschaften und Konsumieren der Industriemoderne und damit die Geschichte des Menschen prägte. So fasst die Wirtschaftshistorikerin Petra Schütz in ihrer Dissertation über die Herausbildung

des modernen Markenbegriffs zusammen: „Die Massenproduktion von gleichartigen Gütern bedeutete eine Anonymisierung der herstellenden Person oder Firma, eine ex ante Qualitätsprüfung fand nicht mehr statt und somit war die ursprüngliche Qualitätsgarantie nicht mehr gegeben. Das Produkt an sich mit seinen Eigenschaften rückte stärker in den Blickpunkt des Verbrauchers.“ Und weiter: „Vor dem Hintergrund des neuen freien Wettbewerbes von nunmehr anonymen Handelspartnern entstanden daher neue Kennzeichnungen und Marken, die das Vertrauen des Verbrauchers auf den veränderten Märkten überregional gewinnen sollten.“

Mit den Verpackungen der Firma Quack+Fischer erhielten die Produkte der Kaiser’s- Marke seit 1906 ihr Gesicht für Konsument*en und Verbraucher*innen weitab des Produktionsstandorts. Später – nach der Loslösung vom Kaiser’s-Konzern – galt dies für Produkte auch von anderen Herstellungsfirmen vor allem aus dem Lebensmittelbereich. Aus der Produktionsgeschichte der Firma Quack+Fischer, die bis 2020 ungebrochen am beschriebenen Standort stattgefunden hat, resultiert somit eine Konsumgeschichte der Bundesrepublik Deutschland im gesamten 20. und frühen 21. Jahrhundert.

Bedeutung für Städte und Siedlungen
Die Verpackungsfabrik Quack+Fischer ist Zeugnis für die Industrialisierung, die sich in der Region vor allem nach dem der Errichtung der beiden wichtigen Eisenbahnstrecken Viersen-Kaldenkirchen-Venlo 1866 und Neuss-Viersen 1878 entwickelte und sich seit dem 1871 für das Deutsche Reich siegreich ausgegangenen Deutsch-Französischen Krieg weiter beschleunigte. Als einstiges Tochterunternehmen des Kaiser’s-Konzerns ist die Geschichte der Verpackungsfabrik Quack+Fischer eng mit der Entwicklung eines der zentralen industriellen Wirtschaftszweige – neben der Textilindustrie – in Viersen verbunden. Mit dem Kaiser’s-Konzern sowie dem Lebensmittelkonzern Mars (seit 1979) war Viersen im 20. Jahrhundert wesentlich geprägt durch die Lebensmittelindustrie als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Viersen.

Bedeutung für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsbedingungen
Als Bestandteil der jungen Industrielandschaft in der Region Viersen hat die Verpackungsfabrik Quack+Fischer zur Veränderung der Arbeitsverhältnisse vor Ort beigeragen. In der ehemals landwirtschaftlich geprägten Region waren fortan Männer und Frauen in arbeitsteilige, im Schichtbetrieb organisierte standardisierte Fertigungsprozesse eingebunden, die von Maschinen und technischen Anlagen unterstützt wurden. Neu war in diesem Zusammenhang auch das abhängige Beschäftigungsverhältnis, in das viele Arbeiter*innen hier das erste Mal eintraten. Wie sehr diese neue Arbeitswelt die Lebenswirklichkeit der Menschen prägte, zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass gemeinsam mit den Produktionsbauten an der Straße Lichtenberg in direkter Nachbarschaft auch Wohnraum für die Arbeiter*innen entstand, die aus landwirtschaftlichen Betrieben oder anderen Orten zuzogen.

Wissenschaftliche Erhaltungs- und Nutzungsgründe

Industriegeschichtliche Gründe
Das beschriebene Objekt ist typisches Zeugnis für die Industrialisierung des innenstadtnahen Raums mittels mittelständiger Unternehmen, die oftmals – wie auch hier – über das gesamte 20. Jahrhundert am gleichen Standort produzieren. Damit setzen sie sich ab von Industriezweigen und Unternehmen, die so schnell expandierten, dass sie schon im Verlauf des 20. Jahrhunderts neue großflächige Standorte „auf der grünen Wiese“ errichteten, sowie von Unternehmen, die im Zuge des Strukturwandels in der Nachkriegszeigt entweder ihre Produktion einstellten oder ins Ausland verlagerten. Die Kontinuität der Produktion in Viersen wird insbesondere anhand der Erweiterungen der Firmenbauten in den 1960er Jahren deutlich.

Architekturgeschichtliche Gründe
Die beschriebenen Bauten sind in allen drei – 1906, 1911, 1960er Jahre – als denkmalrelevant erkannten Zeitschichten typische Kinder ihrer Zeit und damit zeugnishaft für die Entwicklung der Industriearchitektur jenseits der in der Architekturgeschichte bereits weitgehend erforschten „Meisterwerke“ des modernen Fabrikbaus. An der ersten Bauphase lässt sich deutlich das Bemühen ablesen, die Fabrikarchitektur durch eine gestalterische Kleinteiligkeit in die vorstädtische Umgebung einzupassen, dem Fabrikartigen, als vielleicht „fremdartig“ Wahrgenommenen also ein gefälliges Backsteinkleid anzupassen. Sehr vergleichbare Herangehensweisen sind etwa aus dem Bahnhofs- sowie aus dem Gasometerbau der Zeit geläufig. Im Vergleich hierzu stellt der Bauabschnitt aus den frühen 1910er Jahren bereits einen Maßstabssprung dar, die Wandabschnitte wirken voluminöser und sind – etwa durch die gewaltigen Rundbogenöffnungen im Hochparterre – weit weniger detailliert ausgebildet. Die diesem Bauteil dann aufgesetzte Ebene aus den 1960er Jahren zeugt von der funktionalistischen Haltung der Zeit, indem auf Verzierungen weitgehend verzichtet wurde und etwa die Fensterflächen zur Straßenseite nüchtern mit Glasbausteinen ausgefüllt wurden. Als Besonderheit hervorzuheben ist dennoch, dass die Blendfassadenelemente der Zeitschicht um 1911 teilweise in die Aufstockung der 1960er Jahre aufgenommen worden ist. Diese Herangehensweise zeugt von äußerstem Pragmatismus und einer Sparsamkeit bei der Verwendung der Mittel, wie es für klein- und mittelständische Unternehmen trotz der allgemeinen Aufbruchstimmung der Zeit noch typisch gewesen ist.

Städtebauliche Gründe
Das ehemalige Firmenareal wirkt heute noch stadtbildprägend für die direkte Umgebung. An der Ecke Lichtenberg/Seilerwall beziehungsweise entlang der Straßenbiegung Lichtenberg/Am Kloster gelegen, ist insbesondere die akzentuierte Eckausprägung des hier unter B geführten Verwaltungs- und Produktionsgebäudes prägend für

den städtischen Umraum. Weitere städtebauliche Relevanz bezieht die Anlage aus dem auch heute noch stilistisch nachvollziehbaren gemeinsamen Entstehungszusammenhang mit den benachbarten „Beamten-Wohnhäusern“ an der Straße Lichtenberg.

Teile der ehemaligen Verpackungsfabrik Quack+Fischer, Lichtenberg 6, in Viersen sind ein Denkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW. Die Anlage ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen, sowie für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. An ihrer Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen – hier industrie- und architekturgeschichtlichen – sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Literatur und Quellen

Literatur
-    Kaiser’s Kaffee-Geschäft AG (Hg.): 100 Jahre Kaiser’s. 1880-1980. Viersen 1980.

·      Petra Schütz: Die Macht der Marken. Geschichte und Gegenwart. Univ.-Diss., Regensburg 2001; URL:

https://markenmanagement.files.wordpress.com/2012/01/die-macht-der-marken-e28093-geschichte-und-gegenwart.pdf, Zugriff am 18.5.2022.

·      Britta Spies: Kaiser’s Kaffee und Kommerzienrat Josef Kaiser. Vom Kolonialwarenhändler zum Kaufmann von Weltruf. Viersen 2017.

·      Stadt Viersen (Hg.): Viersen. 100 Jahre Stadt. Viersen 1956.

·      Spies: Kaiser’s Kaffee und Kommerzienrat Josef Kaiser. Vom Kolonialwarenhändler zum Kaufmann von Weltruf. Viersen 2017.

·      Stadt Viersen (Hg.): Viersen. 100 Jahre Stadt. Viersen 1956.

Quellen
Bauakten Stadtarchiv Viersen

Stand
Ortstermine: 30.05.2022 / 14.02.2023