Teykenshof

Baudenkmal Details
Listenart ländliche Denkmäler
Listennummer 004
Eingetragen seit 27.07.1995
Flur / Flurstück 17/216, 217, 218, 532 (tlw.), 660, 854 (tlw.), 941 (tlw.); 110/532 (tlw.)
Adresse
Eichenstraße 43
Viersen

Beschreibung
Im November 1993, dem Zeitpunkt der Denkmalaufnahme, bot sich das Anwesen "Eichenstraße 43/45" dem Betrachter als gepflegte Hofanlage dar. Sein Standort an der Eichenstraße lässt unschwer erkennen, dass es sich nicht um ein Einzelgehöft außerhalb einer Ortschaft handelt, sondern vielmehr zur frühen Bebauung des Straßenzuges "Eichenstraße" gehört. Heute ist dieser Bereich nach Alt-Viersen eingemeindet. Ein Blick in alte Karten zeigt, dass der im Jahr 1993 noch drei Gebäude umfassende Hof ehemals eine größere Ausdehnung und eine andere Gestalt besaß.

Die Eichenstraße ist benannt nach dem "Eichenbusch", einem Eichenwald nördlich der Straße. Dieser Verkehrsweg beginnt am Rande der östlich von Viersen gelegenen Bruchlandschaften, zu denen das Rintgerbroich und das Hammer Broich zu zählen sind. Die Eichenstraße führt von hier zur Ortschaft Rintgen, die heute ein Stadtteil von Viersen ist. Dort trifft sie auf die alte "Heerstraße", eine Nord-Südgerichtete wichtige Verkehrsader im Mittelalter. Nördlich der Eichenstraße begleitet ein Bächlein den Fahrweg, die meisten Häuser und Höfe liegen jedoch seit alters her südlich der Straße, da dieses Gebiet siedlungsfreundlicher gewesen sein dürfte.

Zur Höfebebauung an der Eichenstraße liegen uns sowohl urkundliche als auch kartographische Unterlagen vor. Auf der ältesten Karte aus dem Jahr 1400 sind sieben Häuser südlich der Eichenstraße eingetragen, darunter auch der hier zu behandelnde Hof (Nr. 8 auf der Karte von Norrenberg; im Text verwechselt mit Nr. 7). Dieses Gebiet gehörte damals zu einer der acht Viersener Honschaften. Sie hieß Hammrath, was von "ham" abzuleiten ist und soviel wie "Krümmung oder Winkel am Fluss" bedeutet, also eigentlich Rodung am Hammer Bach heißt. Die Honschaft Hamm liegt auf der sogenannten "Lakseite", was sich als "leeghe", niedrige Seite erklärt, weil sie sich den tiefer gelegenen Bruchgegenden am nächsten befand. Auf dieser Seite der Gemeinde scheinen damals die noch am meisten unabhängigen Bauern gewohnt zu haben. Diese Tatsache ist vielleicht nicht unbedeutend für die lange Geschichte des Hofs Eichenstraße 43/45.

Über den Haus- und Hofbau im alten Viersen gibt uns das Bannbuch einigen Aufschluss (Norrenberg, Seite 5 ff.), wo genau zwischen Haus und Hof unterschieden wird. In zusammenhängender Dorf- oder Straßenlage erwecken die Gehöfte den Eindruck der Unregelmäßigkeit. Schon auf der Karte von 1600 (Mackes, Siedlungsgeschichte, Beilage) ist diese unregelmäßige dreiteilige Hofanlage zu erkennen: ein mit dem Giebel zur Straße hin ausgerichtetes Wohnhaus, ein zweites Gebäude, vom ersten durch eine breite Einfahrt getrennt, sowie ein querstehender Scheunentrakt im rückwärtigen Hofbereich. Das ganze Anwesen stand einige Fuß von der Straße versetzt und war mit einem Zaun umgeben. Eine Karte von Viersen (Mairie de Viersen. Section N dite Viersen. Termine ... (ohne Jahr) vom Beginn des 19. Jahrhunderts zeigt uns die damalige Ausdehnung des mit einer Hecke umgebenen Gehöfts. Es umfasst die heutigen Flurstücke 216, 127, 128, 309, 660, 854 (tlw.), 941(tlw.) sowie Teile der Parzelle 532 (tlw.), Dieser aus dem 18. Jahrhundert stammende Hof wies Gebäudetrakte auf, die, heute zum Teil nicht mehr vorhanden sind; es fehlt aber auch die Scheune, die 1993 noch einen wesentlichen Bestandteil des Hofs ausmachte. Gut ablesbar sind Veränderungen des Hofes auf dem Katasterauszug von 1857/59; damals bestand das Gehöft aus vier Häusern und einigen Nebengebäuden (auf unserem Plan gerastert eingetragen). Bereits vor 1965 wurde der alte Baubestand um das Haus auf der Parzelle 660 verringert, und erst im Jahre 1994 wurde das Wohnhaus (Parzelle 854) abgerissen. Der Verlust dieser zwei Gebäude ist umso bedauerlicher, als sie beide schon im Jahre 1600 bestanden, wie aus der entsprechenden Karte zu ersehen ist.

Die Bedeutung der Gehöfte an der Eichenstraße liegt zum einen in ihrer landwirtschaftlichen Nutzung und zum anderen in ihrer handwerklichen Tradition. Außer der Versorgung der Stadtbevölkerung von Viersen mit Lebensmitteln, die auf den Höfen produziert wurden, gehörten schon früh der Flachsbau und die Linnenweberei zu den wichtigen Aufgaben der hier ansässigen Bauern. Gerade die Anwohner der Eichenstraße waren durch die günstige Lage am Bach und nahe dem Eichenbusch einerseits, wo die unbedingt notwendigen Flachsrösten angelegt werden konnten, und versehen mit bebaubarem Hinterland andererseits dazu prädestiniert, Leinenweberei zu betreiben. So fand sich im Hinterbau vieler Häuser fast immer auch ein sogenanntes Schwinghaus, in dem die Reinigung des Flachses erfolgte. Auch für den ehemaligen Hof Eichenstraße 43/45 ist ein solches Gewerbe anzunehmen, das in einem der rückwärtigen Gebäude ausgeübt worden sein dürfte.

Außer den kartographischen Belegen stehen uns einige urkundliche Erwähnungen zur Verfügung, die Namen und Besitzer des Hauses anzeigen. Die älteste uns erhaltene Nennung geht auf das Jahr 1369 zurück, wo ein hen Leuen huys genannt wird (W. Vosdellen und K. L. Mackes, Die Viersener Schatzrechnung von 1369, in: Heimatbuch des Kreises Viersen 1984, Seite 84 Nr. 134). Aus den Krickenbecker Amtsrechnungen vom Jahr 1387 stammt die Nachricht vom Trude Leewen huys; aus derselben Quelle vom Jahr 1395 kennen wir das Gobbel toe Leewen huys. Im Jahr 1408 wurde dann Hennecken to Rutgers to Lewenhus mit dem Hof behandigt (W. Vosdellen und K. L. Mackes, Leibgewinns- und. Hühnerzinsregister des Kölner Stiftes St. Gereon zu Viersen von 1408, in: Heimatbuch des Kreises Viersen 1985, Seite 55). Im Bannbuch und Leibgewinnsregister von 1586 und 1599 werden Merten Teikent und Peterken ten Eyckendt genannt. Im 18. und 19. Jahrhundert waren es Jan Teykens und Entgen (Anna) Teykens sowie ihre Nachfahren, auf die der Hof überging bzw. unter deren Namen er geführt wurde.

Größe und Bebauung der Hoffläche variierten im Laufe der Jahrhunderte. Am Anfang des 19. Jahrhunderts nahm der Hof eine Fläche von ca. 55 x 65 m ein. Durch Um- und Neubauten veränderte sich das Anwesen, vor allem wurde es um die Scheune erweitert. Die ursprünglich "fränkische Hofanlage" als Geviertbau ist aber schon seit Beginn der Neuzeit in wesentlichen Teilen umgestaltet. Andere Formen der Bewirtschaftung, der Beginn der Industrialisierung und veränderte Bedürfnisse der Land- und Stadtbevölkerung bedingten auch eine "modernere" Bauweise des Gehöftes. Aber gerade dieser Wandel, den wir schon seit dem 14. Jahrhundert am Hof Eichenstraße 43/45 beobachten können, macht seine Bedeutung aus: die jeweilige Anpassung an die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten, die sich sowohl im Baubestand als auch im zugehörigen Inventar widerspiegelt.

Somit ist im Boden auf der gesamten ehemaligen Hoffläche mit Resten von Fundamenten und Gewerbeeinrichtungen sowie mit Kleinfunden der früheren Hausstände zu rechnen. Diese gilt es gemäß § 2 DSchG NW zu schützen. Am Erhalt besteht aufgrund wissenschaftlicher, vor allem siedlungsgeschichtlicher Fragestellungen ein öffentliches Interesse.