Garagengebäude mit Wohnung der Firma A. Weyermann Söhne

Baudenkmal Details
Listenart industrielle Denkmäler
Listennummer 548
Baujahr 1925
Eingetragen seit 21.06.2022
Flur / Flurstück 2/936
Adresse
Mühlenberg 24
Viersen

Darstellung der wesentlichen charakteristischen Merkmale
Das Gebäude Mühlenberg 24 in Dülken ist ein Garagengebäude mit Wohnung, errichtet 1925 durch die Firma A. Weyermann Söhne, Samt- und Seidenweberei, auf dem rückwärtigen Hofgelände ihrer Fabrik in Dülken. Den Entwurf lieferte der wichtigste ortsansässige Architekt seiner Zeit, Albert Rangette.

Es handelt sich um ein breit gelagertes anderthalbgeschossiges Gebäude mit Masarddach. Die aufgehenden massiven Außenwände (Ziegelstein) sind verputzt, das Dach ist im Mansardgeschoss verschiefert, darüber mit farbig angepassten Biberschwänzen gedeckt.

Die Garagen sind zum Hof hin ausgerichtet. Die Fassade ist dort symmetrisch aufgebaut, mit einem breiten Zwerchhausrisalit in der Mitte, der im Erdgeschoss drei Garageneinfahrten, bereits ursprünglich für Kraftfahrzeuge, aufnimmt. Deren rechteckige, am Sturz der Trägerkonstruktion folgend abgeschrägte Öffnungen sind mit zweiflügeligen, im oberen Bereich durchfensterten Holztüren mit Zierbeschlägen verschlossen. Ein Geschossgesims setzt am Risalit die seitlich anschließende Trauflinie fort. Darüber sind im Zwerchhaus dreimal zwei eng gestellte hochrechteckige Fensteröffnungen angeordnet; die Dachflächen des Risalits sind abgewalmt. Die im Bauplan eingetragenen kleinen Halbrundgauben sind durch jüngere Ausbauten bzw. Flächenfenster ersetzt. Beiderseits des Garagenrisaliten sind kleine eingeschossige Baukörper mit verschieferten Mansarddächern. Auf der linken Seite befand sich ursprünglich ein Gärtnerraum mit eigenem Eingang (durchfensterte Holztür), dessen Front nachträglich leicht vorgezogen wurde; auf der rechten Seite war ehemals ein Pferdestall mit anschließender Futterkammer. Der Stall war ursprünglich von der Seite aus erschlossen; 1937 wurde er zu einer weiteren Autogarage umgebaut (Architekt: Ludwig Müller, Rheydt, so dass die bis dahin geschlossene Wand zum Hof nun auch eine Einfahrt wie jene im Risalit erhielt, formal angepasst, jedoch etwas niedriger und mit kleinerer Durchfensterung der auch hier zweiflügeligen Holztüren. Am Garagenpfeiler finden sich noch Reste einer Kraftstoff-Zapfanlage.

Bei der linken Hausseite im Erdgeschoss – ursprünglich „Gärtnerraum“ – wurde eine der drei breiten Fensteröffnungen entgegen des Bauplans von 1925 als Fenstertür ausgeführt. Das Mansardgeschoss wurde durch einen Ausbau unter Beibehaltung der alten halbkreisförmigen Gaubenform verändert. Die rechte Schmalseite innerhalb der erhaltenen Grundgliederung wurde vor allem im Mansardbereich verändert und ist weitgehend schmucklos. Die zur Straße hin gerichtete Langseite des Hauses wird durch einen asymmetrischen und schmaleren, aber weiter als auf der Garagenseite herausgezogenen Risalit gegliedert. Das Geschossgesims wird wieder als Fortsetzung der Trauflinie fortgeführt, im Dachbereich einmal gestuft und mit einem Dreieckgiebel abgeschlossen. Die Fensterverteilung im Risalit ist symmetrisch, wobei die Verteilung kleiner Fenster im Erdgeschoss oder größerer in den Geschossen darüber die Lage der Wohnung im Haus widerspiegelt. Im Erdgeschoss des Risalits ist seitlich, unter einem Vordach und mit einer pilasterartig abschließenden Wangenmauer der Eingang zur Wohnung mit alter hölzerner Tür angeordnet. Rechts des Risaliten ist eine weitere Fenster-/ Tür-Kombination angeordnet, daneben steht ein eingeschossiger Flügelanbau, der ursprünglich weitere (Kleintier-)Ställe aufnahm.

Im Inneren sind im Erdgeschoss noch sehr anschaulich die Garagen der Vorkriegszeit ablesbar, mit zugehörigen Steinböden, Betonunterzügen für die tiefen Raumgrößen im Risalitteil bis hin zu alten Beschriftungen an den Wänden. Auf der straßenwärts gelegenen Seite des Hauses führt der Wohnungseingang unmittelbar auf die stattliche bauzeitliche Holztreppe mit geraden Geländerstäben zu, die mit drei geraden Läufen zu den (modernisierten) Wohnungsräumen in den oberen Geschossen führt. Der kurze Flur mit wohl bauzeitlichem Bodenbelag erschloss im Erdgeschoss nur Wirtschaftsräume, hinter der Treppe eine Waschküche und ansonsten noch die Garagen und den Kellerabgang (im Keller noch eine Luftschutztür aus den 1930/40er Jahren erhalten).

Denkmalwert
Das Garagengebäude mit Wohnung der ehemaligen Sammet- und Seidenweberei A. Weyermann Söhne ist als qualitätvoll gestaltetes bauliches Zeugnis eines ehemals international tätigen Unternehmens, das einen wichtigen Teil der Dülkener Industrie- und Ortsgeschichte darstellt, bedeutend für Städte und Siedlung sowie die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse.

Das Unternehmen A. Weyermann Söhne ging aus der 1839 vom Kaufmann Wilhelm Specken und dem Tuchhändler Albert Weyermann gegründeten Weberei Specken & Weyermann hervor, die sich mit hochwertigen, in Heimweberei hergestellten und 1855 auf der Weltausstellung in Paris prämierten Seidenstoffen einen Namen machte. Nach dem Tod der Gründer übernahmen Weyermanns Söhne Paul und Albert das Unternehmen, erwarben ein Grundstück an der Süchtelner Straße (heute Tilburger Straße) und errichteten darauf 1898 ein repräsentatives Kontorgebäude sowie eine moderne, mechanisierte Fabrikanlage zur Produktion von Sammet- und Seidenstoffen, die bereits 1905-06 erheblich ausgebaut wurde und neben einer eigenen Krafterzeugung auch eine Schreinerei, eine Rietmacherei und einen Schlosserbetrieb unterhielt. Den Arbeitern stand in den Pausen ein großer, parkartiger Garten zu Verfügung, in dem die beiden Inhaber Paul und Albert Weyermann in den Jahren 1913 und 1925 Wohnhäuser für die eigenen Familien errichten ließen. Am südwestlichen Grundstücksende entstand dann 1925 das Garagengebäude. Mitte der 1930er Jahren profitierte das Unternehmen von der nationalsozialistischen Aufrüstung und baute die Produktionsanlagen ein weiteres Mal umfassend aus; nach dem Ende des zweiten Weltkriegs folgte mit der Rückkehr zur Zivilwirtschaft eine umfassende Modernisierung der gesamten Fabrik, in deren Verlauf nicht nur der Maschinenbestand auf den Stand der Technik gebracht, sondern auch das Kontorgebäude 1964 mit einem neuen, modern gestalteten Entree versehen wurde, welches die Erneuerung des Unternehmens in zeitgemäßer Formensprache zum Ausdruck bringen sollte. 2016 ging das Unternehmen - „nach eigenen Angaben der einzige in Deutschland verbliebene vollstufige Produzent von hochwertigen Futterstoffen für die Bekleidungsindustrie“ (RP 06.07.2016) - in die Insolvenz.

Das Garagengebäude zeigt durch seine Lage die Ausdehnung und die charakteristische funktionale Mehrteiligkeit der Fabrikanlage einschließlich der zugehörigen Wohngebäude. Sein architektonischer Ausdruck spiegelt den gestalterischen Anspruch des Unternehmens und seiner Besitzer wieder, handelt es sich doch keineswegs um einen reinen Zweckbau, sondern um ein auffallend aufwändig konzipiertes, mit Mansarddach und seiner Baukörpergliederung traditionalistisch-neubarock anmutendes Gebäude, passend zu den benachbarten Villen der Familie. Auch typologisch nimmt es eine Zwischenstellung ein, indem die Integration von Autogaragen und Pferdestall in einem Gebäude höchst eindrücklich den Wandel in der Mobilität in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bezeugt, als das Automobil das Pferd als Fortbewegungsmittel ablöste. Die 1920er Jahre waren hier eine Art „Sattelzeit“, in der das Automobil endgültig allgemeines Gebrauchsgut wurde, zumindest im gewerblichen und bürgerlichen Bereich – Pferd und Kutsche aber offensichtlich noch nicht gänzlich verdrängt waren, wie der Einbau eines Pferdestalls in das Gebäude zeigt. Der wenig später dann doch vollzogene Wandel drückt sich im Umbau 1937 aus, als auch der Stall zu einer weiteren Garage umgenutzt wurde.

Das Gebäude ist außerdem ein Werk des wichtigsten Architekten in Dülken in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, Albert Rangette (1873-1954), Architekt BDA, der beginnend mit der Bauleitung bei der Erweiterung von St. Cornelius ab 1904 über fünf Jahrzehnte hinweg zahlreiche prägende Gebäude in Dülken plante, sowohl Villen als auch viele Mietwohnungshäuser für den Spar- und Bauverein, dessen Hausarchitekt er war (vgl. Denkmalpflege im Rheinland 4/2008). Die Familie Weyermann bevorzugte für ihre Fabrik (und einen Teil ihrer Villen) bezeichnenderweise zwar renommierte auswärtige Architekten, u.a. den bekannten Industriearchitekten Ludwig Müller aus Rheydt, der 1937 den Umbau des Stallteils plante. Dass Rangette als einziger Vertreter aus Dülken ebenfalls herangezogen wurde (außer für das Garagengebäude auch für die benachbarte Villa Albert Weyermann), spricht umso mehr für das Renommee, dass er selbst zur Bauzeit 1925 hatte – und der ausgeführte Bau belegt sowohl sein konzeptionelles Geschick als auch gestalterische Sorgfalt bei einer ungewöhnlichen Bauaufgabe.

Gemäß §2 (1) Denkmalschutzgesetz NRW ist das Garagengebäude mit Wohnung der ehemaligen Samt- und Seidenweberei A. Weyermann Söhne, Mühlenberg 24 in Viersen-Dülken ein Baudenkmal Das Gebäude ist hinsichtlich seiner wesentlichen charakteristischen Merkmale gut und anschaulich erhalten. Im Hinblick auf seine typologische Besonderheit und Bedeutung sowie als Zeugnis der Architektur der 1920er Jahre in damals noch immer zeittypischer traditionalistischer Formensprache liegt seiner Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse.

Quellen/ Literatur (in Auswahl)
-     Chronologie und Materialsammlung der UDB Viersen, 2021
-     Bauakten der Stadt Viersen
-     B. Hüppmeier: Die wirtschaftliche Entwicklung von Dülken (Niederrhein) von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs. Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung Lehramt Primarstufe 1994 (StA Viersen), Seite 143-149
-     diverse Firmenchroniken

Stand
12.04.2022