Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 401 |
Baujahr | 1875 |
Eingetragen seit | 13.12.2000 |
Flur / Flurstück | 101/178 |
Adresse |
Wilhelmstraße 20
41747 Viersen |
Beschreibung
Auf einem Situationsplan von 1877 in der Bauakte eines benachbarten Wohnhauses ist das Gebäude Wilhelmstraße 20 bereits vorhanden und als Eigentum von L. Hansen eingetragen. Ausgehend von den Baudaten der vergleichbaren Wohngebäude an der Wilhelmstraße kann daher eine Errichtung um 1875 angenommen werden.
Es handelt sich um ein eingebautes dreigeschossiges traufständiges Gebäude mit vier Fensterachsen. Im Erdgeschoss sind in der linken Achse ein Durchgang zum rückwärtigen Hof, in der rechten Achse der Hauseingang angeordnet, letzterer eingenischt und über drei Stufen etwas erhöht liegend. Dabei sind die Wangenmauern in der Nische mit Putzspiegeln ausgeführt. Das Erdgeschoss ist mit einem Bänderputz versehen; es wird nach oben von einem breiten Gesimsband abgeschlossen, welches bis zu den Sohlbänken der Obergeschossfenster reicht. Diese sind wie ihre Pendants im Erdgeschoss als große Hochrechteckfenster mit T-Teilung ausgebildet, jedoch durch eine mehrfach profilierte horizontale Verdachung in schlichter Weise als Beletage-Fenster ausgewiesen. Obergeschoss und Dachgeschoss werden wieder durch ein, jetzt allerdings schmales Sohlbankgesims getrennt; die Dachgeschossfenster sind niedriger als diejenigen darunter. Ihnen vorgesetzt ist ein ornamentiertes Brüstungsgitter. Anders als einige Nachbargebäude hat das Wohnhaus Wilhelmstraße 20 kein Kastengesims an der Traufe, sondern die etwas überstehende Dachhaut überfängt einen Fries aus kleinen Konsölchen, deren enge Reihung dem Fassadenabschluss einen eigenen Akzent und Rhythmus verleiht. Alle Fenster sind als T-Stockfenster ausgeführt.
Die Backsteinfassade der Rückseite ist, wie häufig bei Stadthäusern aus dieser Zeit, schlicht und ohne Dekor. Hinten an das Gebäude schließt sich ein zweigeschossiges Backsteingebäude an, dessen Außenwände gleichmäßig durchfenstert sind. Insgesamt ergibt sich eine bemerkenswert große Gesamtraumfläche.
Der Grundriss im Inneren ist unverändert erhalten. Der Flurbereich weist einen farbigen Fliesenboden und Stuckrahmung an der Decke auf. Die Flurwände zeigen gemalte Wanddekorationen. Die zweiläufige, aufwendig gearbeitete Holztreppe mit Mittelpodesten ist mit einem reich verzierten Anfangspfosten mit figürlicher und floraler Ornamentik und einem gedrechselten Geländer ausgestattet. Innentüren als Kassettenfüllungstüren, Stuckrahmungen und -rosetten an den Decken sowie Dielenböden sind ebenfalls bauzeitlich.
Bauherr und vermutlich auch Planverfasser war Ludwig (Louis) Hansen. Das Bauunternehmen Ludwig Hansen plante und errichtete nach eigenem Entwurf eine Vielzahl der für Viersen charakteristischen Wohnhäuser ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die protestantische Familie Hansen hatte sich Mitte des 19. Jahrhundert aus Sohlingen-Uslar, Landkreis Northeim kommend, in Viersen niedergelassen und war über zwei Generationen im Baugewerbe tätig. Auf dem Firmenbriefkopf aus dem Jahr 1908 ist ein großflächiges Areal dargestellt, auf dem eine Ringofenziegelei und eine Dampfschreinerei, jeweils mit hohen Schornsteinen, ein Sägewerk für Hartholz und unzählige Lagerschuppen für Holz und Baumaterialien sowie ein zweigeschossiges Bürogebäude abgebildet sind. Auch das Wohnhaus des Firmengründers Ludwig Hansen an der Wilhelmstraße 14 spiegelt in Größe und architektonischer Gestaltung den erlangten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Status wider. Die in unmittelbarer Nachbarschaft errichteten Wohnhäuser Wilhelmstraße 16 und 20 wurden vermutlich als Geldanlagen zur Vermietung errichtet.
Begründung des Denkmalwerts
Als in seiner wesentlichen Struktur und im gestalterischen Detail original erhaltenes Wohnhaus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ist das Wohnhaus Wilhelmstraße 20 aus architekturgeschichtlichen Gründen bedeutend für Viersen, da es Bauweise und Wohnverhältnisse dieser Zeit anschaulich überliefert. Es handelt sich um anschauliches Zeugnis städtischer Wohnhausarchitektur der 1870er Jahre, mit einer vergleichsweise strengen, noch klassizistisch geprägten Fassadengestaltung und Innenausstattung.
Die Wilhelmstraße repräsentiert in Verlauf und Bausubstanz die Entwicklung Viersens als einer rasch wachsenden Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Städtebaulich gesehen sind die geraden Straßenzüge beiderseits der Hauptstraße mit ihrer großen Zahl historistischer Bauten ein wesentliches Charakteristikum Viersens. Grundlage hierfür war der Stadtbauplan von 1858/60, auf den auch die Wilhelmstraße zurückgeht. Anhand der erhaltenen zeitgenössischen Pläne ist die Bebauung der Straße im Wesentlichen in den 1870er Jahren entstanden. Ein Großteil dieser Bauten ist heute noch erhalten und verleiht der Straße ein sehr anschauliches historisches Gepräge. Als Teil dieser das Straßenbild definierenden Bebauung besitzt das Gebäude Wilhelmstraße 20 erhebliche städtebauliche Bedeutung.
Hinzu kommen ortsgeschichtliche, da das Haus als ursprüngliches Gebäude an der Wilhelmstraße deren geschichtliche, zentral mit der Stadtentwicklung Viersens verknüpfte Ursprünge zeigt.
Da somit die Voraussetzungen des § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes NRW erfüllt sind, handelt es sich bei dem Gebäude Wilhelmstraße 20 um ein Baudenkmal. Es besteht an der Erhaltung und Nutzung des Gebäudes Wilhelmstraße 20 gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes ein öffentliches Interesse.
Quellen
Kreisarchiv Viersen, Standort Viersen
Bauakten der Stadt Viersen
Adressbücher der Stadt Viersen
Stand
02.11.1999
Fortschreibung
12.12.2018