Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 539 |
Baujahr | 19. Jahrhundert und älter |
Eingetragen seit | 27.04.2020 |
Flur / Flurstück | 15/102, 634 |
Adresse |
An St. Peter 8
41751 Viersen |
Lage/ Geschichte
Es handelt sich um ein ortstypisches Wohnhaus mit rückwärtigen Wirtschaftsgebäuden aus dem 19. Jahrhundert, im Ursprung wahrscheinlich auch älter. Es befindet sich inmitten des alten Ortskerns von Boisheim an der alten Hauptstraße des Ortes (heute An St. Peter), die heute noch eine dichte historische Bebauung neben der Pfarrkirche St. Peter aufweist und deren Struktur im Grunde noch auf das mittelalterliche, an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert erstmals urkundlich genannte Dorf zurückgeht. Im 20. Jahrhundert betrieb die Familie Schlunz eine Metzgerei mit Ladenverkauf unter dieser Adresse.
Beschreibung
Das über Sockel backsteinsichtige Wohnhaus, zweigeschossig, traufständig mit Satteldach, liegt wie seine Nachbarn unmittelbar an der Straße. Die Wirtschaftsgebäude befinden sich rückwärtig auf dem seiner Lage gemäß schmalen, aber sehr tiefen Grundstück. Links ist ein formal sehr ähnliches Nachbargebäude direkt angebaut, der rechte Giebel steht frei. Das Haus ist fünf Achsen (insgesamt ca. 11 m) breit mit Mitteleingang. In der linken Achse befindet sich ein schmaler, rundbogiger Durchgang, der zu einer am Grundstück entlang führenden Gasse führt. Fenster- und Türöffnungen besitzen flache Segmentbogen. Der Hauseingang ist durch eine profilierte Putzrahmung ausgezeichnet, während die Fenster einfach in die Wand eingeschnitten sind und nur durch die leicht vorstehenden Fensterbänke und die gemauerten Sturzbogen betont werden. Das Dach kragt über einem ursprünglichen profilierten Traufgesims leicht vor. Die straßenseitige Fassade entspricht insgesamt noch sehr weitgehend den ältesten bekannten, auf Ansichtskarten überlieferten Ansichten.
Der freistehende rechte Giebel ist im Wesentlichen geschlossen ohne Öffnungen und war daher eventuell auf Anbau ausgelegt. Die Rückseite des Hauses entspricht formal weitgehend der Vorderseite, ist aber durch die rückwärtigen Anbauten zum Teil verdeckt.
Das Innere des Wohnhauses hat die grundlegenden Elemente einer typischen einfachen Raumstruktur aus dem 19. Jahrhundert bewahrt: quer erschließender Mittelflur, beidseits je ein Zimmer zur Straße, zwei weitere Räume rückwärtig, von denen der eine den zu Treppenhaus/Diele geweiteten Flur darstellt. Die Holztreppe mit leicht geschwungenem Stabgeländer weist einen gewendelten Richtungswechsel auf. Das Haus besitzt Holzdecken und Dielenböden. Alte Türen mit entsprechenden Gewänden sind erhalten. Besonders hervorzuheben ist ein breiter Durchgang mit Doppeltür zwischen den beiden Zimmern im Erdgeschoss rechts. Der Kellerraum ist mit einer flachen Tonne gewölbt.
Rückwärtig schließen winkelförmig mehrere niedrigere, ein- oder zweigeschossige, ebenfalls backsteinsichtige Wirtschaftsgebäude an, so dass ein dreiseitig geschlossener Hof entsteht. Diese Anordnung ist bereits auf Karten des 19. Jahrhunderts dargestellt. Die in der Kubatur überlieferten Gebäude selbst sind unterschiedlich stark verändert. Die aufgegebene Nutzung als Metzgerei ist z.B. an Wandverfliesungen noch erkennbar. Hervorzuheben ist die firstparallel zum Wohnhaus stehende Scheune mit Krüppelwalmdach, bei der das innere hölzerne Traggerüst erhalten ist. Den Übergang zum Garten markiert eine ältere Backsteinpfeiler-Gitter-Einfriedung.
Begründung des Denkmalwerts
Das Wohnhaus An St. Peter 8 einschließlich Wirtschaftsgebäuden ist ein integraler, prägender Bestandteil des historischen Ortskerns von Boisheim. Es ist ein Teil einer Reihe von relativ gleichartigen Gebäuden wohl des 18./19. Jahrhunderts in weitgehend geschlossener Bauweise. Das Straßenbild hier und auch an anderen Stellen im Ortskern belegt, dass es sich um einen für den Ort sehr typischen Bautyp jener Zeit handelt. Besonders hervorzuheben ist, dass es sich in zentraler Lage etwa in der Mitte der ehemaligen West-Ost-Hauptstraße des Dorfes befindet, zudem nahe der Kirche. Noch bis in die 1840er Jahre hinein war die in der heutigen Straße An St. Peter enthaltenen West-Ost-Wegeverbindung die Hauptstraße des Ortes, entlang derer sich die meiste Bebauung befand. In der Tranchot-Karte (Anfang 19. Jahrhundert) wird dieser überörtlicher Weg als Teil der „Route de Ruremonde a Duesseldorf“ bezeichnet; sein Verlauf ist heute noch in der Folge von Brüggener Straße - An St. Peter – Kapellenstraße und Pütterhöfer Weg ablesbar.
Aufgrund dieser zentralen Lage ist das Haus auch auf alten Ansichtskarten, die das Dorfbild wiedergeben sollten, abgebildet. Hier, vermutlich Anfang 20. Jahrhundert, steht es augenscheinlich auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Nachbargebäude An St. Peter 10, zumindest besitzen beide Häuser eine einheitlich gestaltete Fassade. Mangels Quellen ist das genaue Alter des Hauses derzeit nicht zu bestimmen; sowohl auf der Tranchot-Karte als auch in der Karte Seite 229 der Publikation des Stadtarchivs „Boisheim zu Beginn des 19. Jahrhunderts“ (2008) ist an seiner Stelle eine Hofstelle etwa des heutigen Gebäude-Umfangs bereits fassbar.
Es ist daher ein wichtiges Zeugnis der Ortsentwicklung und des ortstypischen Bauens in Boisheim und im Sinne des Denkmalschutzgesetzes bedeutend für Städte und Siedlungen.
Das Haus samt Hintergebäude, typologisch eine kleine innerörtliche Hofanlage, ist insgesamt gut und anschaulich erhalten und besitzt Zeugniswert für die regionale Architektur- und Siedlungsgeschichte. Seine denkmalgerechte Erhaltung und Nutzung liegt aus wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse. Hinzu kommen die genannten städtebaulichen und ortsentwicklungsgeschichtlichen Gründe. Es handelt sich daher im Sinne des §2 Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.
Quellen
Standesamtsbücher
Adressbücher der Stadt Viersen
Quellenrecherche
Reinhold Hörkens
Literatur
Karl Fonyo, Karl Aymans: Geschichte der Gemeinde Boisheim. Viersen 1987.
Stadtarchiv Viersen (Hrsg.): Boisheim zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Bevölkerungslisten und Karten aus napoleonischer und aus preußischer Zeit, Viersen 2008.
Stand
FB 80/II Bauen, Umwelt und Liegenschaften
-Untere Denkmalbehörde-
Viersen, den 23.04.2020