Listenart | religiöse Denkmäler |
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Listennummer | 488 |
Baujahr | 1991/1962 |
Eingetragen seit | 30.04.2009 |
Flur / Flurstück | 146/343 |
Adresse |
Alte Bachstraße
41748 Viersen |
Geschichte
Die Kapelle an der Alten Bachstraße in Viersen-Hamm wurde 1911 nach einem Entwurf des Stadtbaumeisters Eugen Frielingsdorf errichtet (fertig gestellt vielleicht erst 1913), auf Betreiben der Pfarrgemeinde St. Josef und eines eigens hierfür gebildeten Komitees. Das Grundstück stellte der Landwirt Wellers zur Verfügung. Wegen der schon damals vorhandenen Abtrennungsbestrebungen für eine eigene Pfarre im wachsenden Stadtteil Hamm musste von der Pfarrgemeinde gegenüber der Stadt eigens versichert werden, dass die neubarocke Kapelle mit Portalvorbau (Dreieckgiebel über Säulen) nicht zu Gottesdienstzwecken, sondern lediglich als "Heiligenhäuschen" dienen sollte. Die Ausstattung, darunter mehrere Heiligenfiguren, stifteten v. a. Kommerzienrat Josef Kaiser und Frau sowie Landwirte von der Donk. Auf ihrem Walmdach besaß die Kapelle eigens einen Dachreiter mit Glocke, die zur Andacht an Verstorbene der Sektion läutete. Auch die Bittprozessionen der Pfarre schlossen die Kapelle ein.
1926-27 wurde neben der Kapelle ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs eingerichtet.
Anfang der 1960er Jahre befand sich die Kapelle in stark sanierungsbedürftigem Zustand. Gemeinsam mit der inzwischen neu begründeten Kirchengemeinde St. Marien beschlossen die örtlichen Vereine daraufhin eine völlige Neugestaltung, die 1962 umgesetzt wurde. Das Äußere wurde durchgreifend verändert, und das ursprünglich neben der Kapelle befindliche Ehrenmal wurde in die Kapelle integriert, unter Aufgabe der alten Ausstattung.
Beschreibung
Der Umbau 1962 veränderte das Erscheinungsbild der Kapelle grundlegend. Der Portalvorbau wurde ersatzlos abgebrochen und dafür dem Kapellenraum eine neue Fassade in "expressionistischen" Formen, wie sie eigentlich für die 1920er Jahre typisch waren, vorgesetzt. Prägend sind jetzt v. a. das reine Spitzbogenportal (d.h. die Bogenscheitel setzen direkt auf dem Grund auf) und die vom Boden zunächst nach innen geneigten Seiten, deren Linie unterhalb der Traufe dann wieder kurz nach außen geführt ist. Portal- und Fenstergewände sind klinkersichtig belassen, die Fassade selbst wie der gesamte Baukörper hell verputzt. Hinter der Fassade wurde der alte Baukörper von 1911 im Kern erhalten, er bekam jedoch ein neues Dach (Satteldach, über dem dreiseitigen Chor abgewalmt) und neue, ebenfalls dreieckig-spitzbogige Fensteröffnungen seitlich und am Chor. Der Dachreiter wurde beseitigt. Nicht durchfenstert ist die Stirnwand des Chores, sie bildet den geschlossenen Hintergrund für das Ehrenmal im Inneren, einen gemauerten Altartisch, über den sich ein Naturstein mit herausgearbeitetem Kreuz erhebt, darin die Inschrift "Sie starben für Euch".
Denkmalwert
Als Devotionskapelle und seit den 1960er Jahren bis heute als Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege ist die Kapelle an der Alten Bachstraße 1 in Viersen-Hamm bedeutend für Viersen.
An ihrer Erhaltung und Nutzung besteht aus den beschriebenen ortsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Architekturgeschichtlich ist außerdem von Interesse, wie bei der Neugestaltung 1962 typische expressionistische Formen der 1920er Jahre, vermittelt wohl durch ähnliche stilistische Tendenzen der Wirtschaftswunderjahre, aufgenommen wurden. Dies geschah in durchaus qualitätvoller Weise, so dass die Kapelle auch in gestalterischer Hinsicht als erhaltenswert bezeichnet werden kann.
Der Gedenkstein im Inneren besitzt selbst keinen künstlerischen Eigenwert, ist aber als integraler Teil der 1962 neu definierten Kapellennutzung erhaltenswert.
Die Kapelle an der Alten Bachstraße in Viersen-Hamm ist ein Baudenkmal im Sinne des § 2 Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen. Sie ist bedeutend für Viersen. Erhaltung und Nutzung liegen aus wissenschaftlichen, hier orts- und architekturgeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse.
Quellen
Materialsammlung der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Viersen
Heinz u. Margret Hesse: "... Die Kapelle ist weiter nichts als ein sogenanntes 'Heiligenhäuschen' ..." Manuskript, unveröffentlicht, o. J. [ca. 2002]
Arie Nabrings: "... eine immerfort währende Mahnung ..." Denkmäler für die Gefallenen des 1. Weltkriegs im Kreis Viersen, Viersen 1996, Seite 109 und 232.
Im Auftrag
Dr. Marco Kieser
Landschaftsverband Rheinland/ Amt für Denkmalpflege im Rheinland
Ortstermin: 10.05.2007