ehem. Metzgerei und Wohnhaus

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 534
Baujahr 1883/1912
Eingetragen seit 04.09.2018
Flur / Flurstück 62/166
Adresse
Hühnermarkt 12
41751 Viersen

Beschreibung
Das Wohn- und Geschäftshaus Hühnermarkt 12 in Dülken wurde 1883 durch den Bauherrn Eduard Wünnenberg errichtet. 1912 wurde es von August Peemans erworben, der dort eine Metzgerei einrichtete, die mit einem Nachfolger über 100 Jahre in der Mitte von Dülken bestand.

Es handelt sich um ein traufständig in die geschlossene Bebauung der Gasse „Hühnermarkt“ (ehemals Clemensgässchen) eingebautes Wohn- und Geschäftshaus mit für die Nutzung als Metzgerei notwendigen Hintergebäuden. Das Vorderhaus mit zwei Vollgeschossen unter Satteldach ist mit lediglich knapp 7 m Breite relativ schmal; drei Fensterachsen mit Mitteleingang im Erdgeschoss gliedern die Fassade, deren auffallendstes Merkmal die bis knapp unter die Sohlbänke des Obergeschosses reichende, Metzgerei-typische Verkleidung von Sockel und Erdgeschoss mit schwarzen Fliesen in kleinen liegenden Rechteckformaten darstellt, auf die in einer durch größere quadratische Fliesenformate abgesetzten, gesimsartigen Zone in großen weißen Buchstaben der Schriftzug „AUGUST PEEMANS“ aufgetragen ist. Das Obergeschoss darüber ist glatt verputzt.

Bemerkenswert ist ferner das Format der Schaufenster im Erdgeschoss, die zwar größer als jene des Obergeschosses sind, jedoch als Einzelfenster hochrechteckiges Format besitzen und damit ausweislich der Pläne noch auf das Jahr 1883 zurückgehen, also seitdem keine der üblichen Schaufensterverbreiterungen auf liegende Formate oder gar die völlige Öffnung des Erdgeschosses hin mit gemacht haben. Dementsprechend besitzt auch der mittige Ladeneingang eine hierzu passende alte einflügelige Holzrahmeneingangstür mit mittiger Durchfensterung und Oberlicht.

Die Fenster sind rundum erneuert. Rückseite und Hintergebäude waren ursprünglich wohl backsteinsichtig bzw. geschlämmt, heute sind sie zum Teil verputzt.

Im Inneren nimmt das Ladengeschäft mindestens seit 1912 die gesamte Breite der vorderen Hälfte des knapp 9 m tiefen Vorderhauses ein; die hintere Hälfte umfasst rechts ein Treppenhaus und links eine Wohnküche, so wie sie Peemans bei Einrichtung seiner Metzgerei 1912 vorgesehen hatte.

Das Ladengeschäft ist rundum deckenhoch mit einfarbigen weißen Fliesen ausgekleidet, in die auf halber Höhe und kurz unterhalb der Decke schmale umlaufende Ornamentfliesenbänder eingefügt sind. Die Böden im Vorderhaus (Laden, Wohnküche, Treppenhausflur) sind als Terrazzoböden ausgeführt. Die Türen aus dem Ladengeschäft hinaus in die Räume dahinter sind Holzrahmentüren mit jeweils vier liegenden Glaseinsätzen in der oberen Hälfte. Die Treppe ist eine gewendelte Holztreppe mit gedrechselten Stäben als Brüstung, unter ihr liegt der mit einer Holztüre geschlossene Kellerabgang. Die Wohnküche besitzt neben dem Terrazzoboden ebenfalls eine Wandverkleidung aus Fliesen, hier allerdings nur halbhoch. Details wie hölzerne Zimmertüren mit Rahmen, Einbauschränken bis hin zu Bakelitschaltern tragen zum insgesamt anschaulich erhaltenen historischen Raumeindruck bei.

Besonders bemerkenswert ist die „Lichtdecke“ das Ladengeschäfts aus rautenförmig verlegten Metallstäben mit Hängeleuchten: das Sistrah-Geleucht. Kern des gemeinsamen Entwurfs des Lichttechnikers C.F. Otto Müller und der TH Karlsruhe aus dem Jahr 1932 ist ein Leuchtenkörper aus einem präzise konzipierten vier- bis fünfteiligen Glassatz. Der geschlossene Leuchtenkopf ist so entwickelt, dass er ein ausreichend helles, absolut blendfreies Licht mit feiner Streuung und ohne Schlagschattenbildung gibt. Eine zweistufige Klarglasglocke, zwei in diese eingelegte Ringe aus Triplex-Opalglas und eine die Glocke oben abschließende Glashaube, ebenfalls aus Triplex-Opalglas, gewährleisten eine genau austarierte Mischung aus direktem und indirektem Lichtanteil, die darüber hinaus durch die Möglichkeit, die Glühlampe innerhalb des Leuchtenkörpers zu verstellen, individuell gesteuert werden kann. Alle Glasteile der Leuchte sind mundgeblasen; besonders aufwendig ist ihre Herstellung in Überfangtechnik.

Die Rückseite des Vorderhauses (backsteinsichtig geschlämmt im Obergeschoss) sowie die Hintergebäude besitzen einfache Lochfassaden bzw. ungegliederte Wände; hier waren die für den Betrieb der Metzgerei notwendigen Wirtschaftsräume (Wurstküche, Räucherkammer usw.) untergebracht.

Denkmalwertbegründung

Bedeutung für Viersen
Als im Kern aus dem Jahr 1883 stammendes historisches Gebäude und bekanntes Traditionsgeschäft mit einem markanten Erscheinungsbild in zentraler Lage von Dülken ist das Wohn- und Geschäftshaus Hühnermarkt 12 bedeutend für die Stadt Viersen. Es ist damit außerdem ein integraler Bestandteil des historischen Ortskerns von Dülken (Denkmalbereich). Es überliefert die typische kleinteilige Parzellenstruktur und ist darüber hinaus mit seiner erhaltenen Fassade, Ladengeschäft und der für Produktion bzw. Lagerung notwendigen Nebengebäuden ein anschauliches Zeugnis des Dülkener Geschäftslebens im 20. Jahrhundert.

Seine Präsenz erhält das Gebäude vor allem durch seine auffallende Ladenfront mit den charakteristischen schwarzen Fliesen und dem Schriftzug AUGUST PEEMANS, der hier als erster 1912 eine Metzgerei eingerichtet hatte. Erbaut worden ist das Haus jedoch schon 1883, anstelle eines abgebrochenen Vorgängerbaus, durch den Unternehmer Eduard Wünnenberg, der es sicherlich von Anfang an als Mietobjekt betrachtete. So wurden auch schon mit Bauantrag 1883 im Erdgeschoss zwei Ladengeschäfte beiderseits des Eingangs mit Mittelflur vorgesehen. Im September 1912 beantragte August Peemans in dem „kürzlich“ von ihm erworbenen Haus einige Umbauten, um dort eine Metzgerei einzurichten. Nicht beantragt wurde 1912 eine evtl. Zusammenlegung von Ladenräumen zu einem Raum, weshalb vermutet werden kann, dass die Planung von zwei Räumen 1883 entweder so nicht ausgeführt wurde oder bereits vor 1912 verändert wurde. Nicht verändert wurde aber offensichtlich die noch heute bestehende Fassadenaufteilung mit zwei Einzelfenstern als Schaufenster, so wie sie schon 1883 im Bauplan dargestellt ist. Weitere Baumaßnahmen, die in erster Linie die rückwärtigen Wirtschaftsgebäude betrafen, fanden 1926 statt, u.a. die hintere Wurstküche durch den Architekten Fritz Fremerey. Peemans betrieb bei seinem Laden keine eigene Schlachtung; hierzu diente ein Schlachthaus am Ostwall, das 1936 durch den Architekten Wilhelm Baums erweitert wurde. Im Zuge dieser beiden größeren Baumaßnahmen ist dann möglicherweise auch die bis heute erhaltene Fassadengestaltung erfolgt.

Obwohl die Metzgerei zuletzt unter dem Namen von Wilhelm (Willy) Breuer betrieben wurde, blieb bezeichnenderweise der Schriftzug von August Peemans über den Schaufenstern erhalten; der Name Breuers findet sich dafür in der Eingangstür.

Wissenschaftliche Gründe für Erhaltung und Nutzung im öffentlichen Interesse
Von architekturgeschichtlicher (bautypologischer) Bedeutung ist, dass es sich um ein sehr anschaulich erhaltenes kleines Wohn- und Geschäftshaus aus dem Jahr 1883 handelt, mit prägnanten und für die spezielle Nutzung als Metzgerei typischen Um- und Einbauten aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bemerkenswert an der für Geschäftshäuser ja besonders wichtigen Fassade ist zunächst, dass hier noch die ursprünglichen kleinen Schaufensterformate erhalten sind und keine der üblichen Vergrößerungen des 20. Jahrhunderts vorgenommen wurden. Prägend ist darüber hinaus die Verkleidung der Schaufensterfront mit schwarzen Fliesen, wie sie v.a. im mittleren Drittel des 20. Jahrhunderts für diese Nutzung charakteristisch war und die einen hohen Wiedererkennungswert hat, zumal sie vielerorts zunehmend aus dem Straßenbild verschwindet. Aufgrund Format und Farbe der Fliesen ist eine Entstehung im Zeitraum ca. 1920er – 1950er Jahre wahrscheinlich, hier möglicherweise im Zusammenhang mit den belegten größeren Baumaßnahmen von Peemans 1926 oder, allgemein wahrscheinlicher, 1936. Für den Bau-/Nutzungstyp Metzgerei ebenfalls charakteristisch ist die umfangreiche Verfliesung innen, auch die Terrazzoböden sind natürlich unter dem Aspekt hygienisch notwendiger Pflegeleichtigkeit zu sehen.

Die Lichtdecke des Ladens mit den Sistrah-Hängeleuchten unterstreicht die Wertigkeit des Verkaufsraums. Die 1932 entworfene Sistrah-Leuchte ist eine lichttechnische wie glasbläserische Meisterleistung. Dessen Funktionalität und Effizienz überstrahlte die zeitgenössische Konkurrenz um vieles und dessen Wirkung sollte für die folgenden Jahrzehnte maßgeblich sein. Sein ausgewogenes Verhältnis von direktem und indirektem Lichtanteil mit einer sehr feinen Lichtstreuung und einem absolut blendfreien Lichtfeld stellte selbst auf dem Höhepunkt der lichttechnischen Entwicklung der zwanziger Jahre eine Ausnahmeerscheinung dar. In der Sistah-Leuchte vereinen sich perfekte Lichttechnik und höchste Glasbläserkunst. August Peemanns zeigte somit seine Ware im besten Licht.

Für die Architekturgeschichte Dülkens von Bedeutung ist auch, dass Peemans für die Baumaßnahmen 1926 (Hühnermarkt 12) und 1936 (Schlachthaus am Ostwall; Hühnermarkt 12 nicht belegt) jeweils bekannte ortsansässige Architekten heranzog, 1926 Fritz Fremerey, der auch den Neubau Hühnermerkt 16 1925 plante, und 1936 Wilhelm Baums.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und ortsgeschichtlichen Gründen besteht an der Erhaltung und Nutzung des Wohn- und Geschäftshauses August Peemans, Hühnermarkt 12 in Dülken gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes ein öffentliches Interesse.

Quellen                              

Kreisarchiv Viersen, Standort Viersen

Bauakten der Stadt Viersen

Adressbücher der Stadt Viersen

https://www.manufactum.de/sistrah-leuchten-c-2649/

http://www.sistrah.de/historie.html

Quellenrecherche
Reinhold Hörkens

Stand
FB 80/II Bauen, Umwelt und Liegenschaften
-Untere Denkmalbehörde-
Viersen, den 11.12.2017

Westerhoff