Exerzitienhaus

Baudenkmal Details
Listenart religiöse Denkmäler
Listennummer 510
Baujahr 1956/ 57
Eingetragen seit 28.11.2013
Flur / Flurstück 88 / 688
Adresse
Gerberstraße 20
41748 Viersen

Beschreibung
Es handelt sich um einen flach gedeckten zweigeschossigen Baukörper, der zwischen der älteren Villa und dem lang gestreckten Wohnflügel vermittelt. Die Eingangsseite zum Garten hin ist über beide Geschosse fast vollständig transparent in Glas aufgelöst. Eine Strukturierung erfolgt lediglich durch die rhythmische, filigrane Teilung der Öffnungen. Die darin befindliche Eingangshalle zieht sich winkelförmig um den nach hinten gerichteten, leicht aus dem Baukörper herausragenden Kern des Baus, der im Erdgeschoss einen Vortragssaal und im Obergeschoss eine Kapelle mit anschließender Sakristei enthält. Gleichsam offen in die hier nach oben geöffnete Halle hineingestellt ist die links nach oben führende, mit zeittypischem Schwung anlaufende und auf ca. zwei Drittel Höhe gewendelte Treppe, so dass ein – dem Äußeren entsprechend – sehr lichter und feingliedriger Raumeindruck entsteht, zu dem schlanke Stützen und der Materialwechsel der Wandverkleidungen - teils verklinkert, teils weiß gestrichen - beitragen. Eine zweite, vierstufige Treppe rechts vermittelt den Höhenunterschied zum Altbau. Fenster, Eingangstür, Treppen samt Geländer aus dünnen Stäben und Kunststoff-Handlauf, Steinplatten-Böden, Türen, Wandleuchten und –uhr sind hier und im Obergeschoss original erhalten und tragen entscheidend zum authentisch erhaltenen Ambiente der 1950er Jahre bei.

Der eingestellte zweigeschossige Saalbau ragt hinten über die Flucht der Villa und des Wohntraktes hinaus, ist im Äußeren backsteinverkleidet und hat ein flach gewölbtes Bogendach. Der Vortragssaal im Erdgeschoss wird durch eine doppelflügelige Holztür betreten. Beide längsrechteckigen Räume mit beinah unmerklich flach gebogener Rückwand empfangen ihre Belichtung von der nordwestlichen Straßenseite her, der Vortragssaal durch Fenster, die Kapelle durch bandartige Oberlichter, die mit farbigen Glasfenstern gefüllt sind. Außerhalb gibt es zusätzlich noch ein schlankes, lanzettförmiges Fenster am ehemaligen Altarraum in der gegenüber liegenden Südostwand. Der Kapellenraum zeigt zudem offen seine Skelettkonstruktion mit flach vortretenden Wandstützen und leicht gebogenen Deckenbindern. Die Raumausstattung des Vortragssaals ist großenteils erneuert, bemerkenswert noch die holzverkleidete Eingangsseite. Die Vorhalle der Kapelle ist gegenüber dem Treppenhaus durch einen hölzernen Einbau mit Doppeltür abgetrennt; auch dieser Vorraum ist noch einmal mit einer Art Einbauschrank mit Oberlichtern unterteilt, der nach außen die Garderoben, nach innen einen Beichtstuhl enthält.

Von der durchdachten Raumorganisation her ist noch bemerkenswert, dass der Treppenabsatz mit originaler durchglaster Doppeltür zu den niedrigeren Raumhöhen des Wohntraktes vermittelt und außerdem zur Sakristei führt. Von dort gelangt über eine kleine Nebentreppe nach oben in den Kapellenraum.

Im Keller- bzw. Sockelgeschoss sind Garagen angeordnet, die von Zufahrt an der Straßenseite aus bedient werden.

Der „Gelenkbau“ zwischen Villa und dem lang gestreckten, backsteinverkleideten Wohnflügel für die Besucher des Exerzitienhauses besitzt eine qualitätvolle, ungewöhnlich original erhaltene Gestaltung aus den 1950er Jahren. Als funktional wesentlicher Teil der für die Geschichte der Villa bedeutenden Nutzung als Exerzitienhaus ist der Bau ebenfalls bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Viersen. Wegen der bemerkenswert original erhaltenen typischen Formensprache der 1950er Jahre und als Beispiel eines seltenen Bautyps liegen Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, hier architekturgeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse.

Stand
11.10.2012