Garten Villa Preuß

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 486
Baujahr ab 1919
Eingetragen seit 05.12.2008
Flur / Flurstück 89/515,517,518,565,566,684,685
Adresse
Burgstraße 62
41747 Viersen

Entwicklungsgeschichte
Die „Villa Preuß" wurde 1904 im Auftrag des Viersener Fabrikanten Bernard Preuß nach Plänen des Krefelder Architekten Johannes Reck an der Burgstraße errichtet. 1913 erhielt sie eine Erweiterung nach Plänen des Viersener Architekten Willi Esser. 1919 wurde sie unter der Leitung der Viersener Baufirma Eigelshoven umgebaut. Zu dieser Zeit wurde der Torweg überbaut und der Hauseingang zur Burgstraße verlegt. Im Zweiten Weltkrieg erlitt die „Villa Preuß" starke Beschädigungen: Durch Brandbomben wurden der Dachstuhl und das Dachgeschoss zerstört. Nach Plänen des Viersener Architekten Söndgerath wurde das Gebäude ab 1946 um zwei Geschosse aufgestockt. Die Straßenfront erhielt eine zeitgenössische Fassade, zur Gartenseite sind Teile der historischen Front erhalten geblieben.

Der genaue Entstehungszeitraum und der Gestalter des Villengartens sind unbekannt, da hierzu offenbar keine schriftlichen Quellen überliefert sind.

Die Gartenanlage wurde den Angaben der heutigen Eigentümerin Henny Preuß zufolge nach dem Ersten Weltkrieg ausgeführt, höchstwahrscheinlich im Zuge des Villenumbaus ab 1919. Historische Fotografien aus den 1930er Jahren belegen, dass die Gartenanlage zu diesem Zeitpunkt weitgehend abgeschlossen war, denn die darauf erkennbaren Grundstrukturen des Villengartens entsprechen der heutigen Gestaltung. Im Zweiten Weltkrieg blieb der Garten - im Unterschied zur Villa - weitgehend unversehrt.

Zu einer Veränderung der Gartengrenzen kam es 1985, als die Stadt Viersen den hinteren, weniger intensiv gestalteten Bereich des Villengartens, der eine Wiese und Nutzflächen aufwies, einer öffentlichen Grünfläche angliederte. Ein von Efeu begrünter Metallzaun trennt seither die ursprünglich zusammengehörigen Bereiche und bildet heute die westliche Begrenzung des Privatgartens.
Weiterhin wurde von der Stadt Viersen 1985 auch ein Abschnitt der nördlichen Gartengrenze neu bestimmt, um einen neuen öffentlichen Weg an dem Grundstück vorbeizuführen. Dieser Eingriff führte zu einer Störung der achsensymmetrischen Flächenaufteilung in dem betroffenen Bereich des Villengartens und zum Verlust eines gestalterisch wichtigen Gartenwegabschnittes.
 

Der südliche Teil des Villengartens (Flurstücke 565 und 566) wurde im Zuge einer Aufteilung der Villa (Burgstraße 62) veräußert mit der Auflage, die einheitliche Gestaltung des Gartens nicht zu verändern.

Bestand
Historische Fotos, die Ende der 1930er Jahre entstanden sind, zeigen den Zustand des Gartens vor dem Zweiten Weltkrieg. Ein Vergleich mit der heutigen Situation führt vor Augen, dass der immer noch in Privatbesitz befindliche Hauptteil des Gartens in seinen Grundstrukturen weitgehend erhalten geblieben ist.

Der Garten der „Villa Preuß" weist eine architektonische Gestaltung in geometrischer Formensprache auf, die enge Bezüge zum Gebäude erkennen lässt. Die historische Einfriedung des Gartens - eine Backsteinmauer - ist an der südlichen und an der nördlichen Seite zum Teil erhalten geblieben: An der südlichen Seite grenzt der Garten an das Stadtbad, an der nördlichen Seite an andere Privatgärten und an einen öffentlichen Weg.

Die Flächenaufteilung des Gartens und die Wegeführung wurden auf die westliche Fassade der Villa abgestimmt. Der in Hausnähe befindliche Teil des Gartens wird von einer kreisrunden Rasenfläche eingenommen. Im Zentrum dieser runden Fläche und in axialer Ausrichtung auf die klassizistische Fassade befindet sich ein quadratisches Wasserbecken mit steinerner Einfassung. Die kreisrunde Rasenfläche wird von einem runden Gartenweg begrenzt und darüber hinaus durch einen im Quadrat geführten Weg erschlossen. Die Eckpunkte dieses inneren Wegequadrates stellen zugleich die Verbindung her zum äußeren, runden Gartenweg und sind durch filigrane Rosenbögen aus Metall betont. Die Breite der quadratischen Rasenfläche, welche das Wasserbecken rahmt, entspricht der Veranda-Breite des Gebäudes. Der gestalterische Bezug zwischen Garten und Villa ist insofern besonders betont.

Auch im westlichen Teil des Gartens wird das mit der Veranda-Breite vorgegebene Maß durch eine rechteckige Rasenfläche aufgegriffen, die ursprünglich an ihrer nördlichen und ihrer südlichen Seite von Gartenwegen flankiert wurde. Durch die Veränderung der nördlichen Gartengrenze im Jahr 1985 ist der nördliche Weg heute nicht mehr vorhanden.

Weitere dekorative Elemente aus Stein tragen neben dem zentralen Wasserbecken in stilistischer Übereinstimmung zum repräsentativen Charakter des Villengartens bei: Im südwestlichen Bereich der Backsteinmauer befindet sich ein steinerner Wandbrunnen. Eine variabel aufstellbare Pflanzschale aus Stein markiert heute den westlichen Abschluss der über das quadratische Wasserbecken auf die Villenfassade ausgerichteten optischen Achse.

Zahlreiche immergrüne Formgehölze verkörpern ebenfalls eine geometrische Formensprache: Eibenkegel betonen als vertikale Akzente die Ecken des zentralen Rasenquadrats. Buchsbaumkugeln füllen die Ecken des hinteren Rasenrechtecks aus.

Im westlichen Bereich des Gartens, der zurzeit durch einen Metallzaun vom übrigen Teil des Gartens abgetrennt ist, befand sich ursprünglich ein Sitzplatz, der von einer Eibenhecke hinterfangen wurde. Von dieser Hecke sind einzelne Exemplare erhalten, die jedoch mangels Pflegeschnitt im Laufe der letzten Jahrzehnte ausgewachsen sind.

Gemischte Rabatten entlang der Garteneinfriedung liefern mit Blütensträuchern, Stauden und Einjährigen im Laufe der Jahreszeiten einen wechselnden Blütenschmuck. Die Ränder der Rasenflächen zieren in regelmäßiger Reihung zahlreiche Rosen, an den Rosenbögen gedeihen Kletterrosen.

Besonders bedeutsame Elemente und Strukturen dieses Villengartens sind:

- Flächenaufteilung in geometrischer Formensprache
- Wegeführung in geometrischer Formensprache 
- Backsteinmauer als historische Einfriedung an der nördlichen und an der südlichen Seite
- Wasserbecken mit Einfassung aus Kunststein 
- Wandbrunnen aus Kunststein
- Pflanzschale aus Kunststein
- Magnolie, die noch aus der Entstehungszeit des Gartens stammt und sich seit der Veränderung der Gartengrenzen im Jahr 1985 außerhalb des neu gesetzten Metallzaunes befindet 
- Eiben, die noch aus der Entstehungszeit des Gartens stammen 
- Immergrüne Formgehölze (Eiben, Buchsbaum) in geometrischer Formensprache (Kegel, Kugeln) als ganzjährig wirksame Blickfänge,
- Blütensträucher (Rosen, Hortensien etc.), Stauden und Einjährige mit unterschiedlichen Laub- und Blütenfarben zur Betonung des jahreszeitlichen Wechsels.

Begründung des Denkmalwerts
Der „Villengarten Preuß" ist in seiner qualitätvollen architektonischen Gestaltung herausragend. Grundsätzlich besitzen Villengärten des frühen 20. Jahrhunderts mit architektonischer Formensprache im Rheinland Seltenheitswert. Sie entstanden im Zuge einer Reformbewegung in der deutschen Gartenkunst, die vor allem von Architekten wie Joseph Maria Olbrich (1867-1908), Hermann Muthesius (1861-1927) und Paul Schultze-Naumburg (1869-1949) getragen wurde. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert traten diese Reformer mit ihren Werken und Schriften für eine Erneuerung der Gartenkunst ein und forderten eine enge architektonische Verbindung von Haus und Garten. Die Gärten sollten eine klare räumliche Gliederung besitzen, die von der Architektur des Hauses bestimmt werden sollte. Zu dieser Zeit war es in Deutschland immer noch üblich, die seit dem 18. Jahrhundert entwickelte landschaftliche Formensprache auch auf kleinere Villengärten zu übertragen und so gewissermaßen Landschaftsgärten im Miniaturformat zu schaffen. Eine Abkehr von dieser Gestaltungspraxis wurde durch die Reformbewegung eingeleitet.

In Viersen war mit dem inzwischen denkmalgeschützten „Alten Stadtgarten" in der Bahnhofsstraße bereits ab 1901 im öffentlichen Raum eine Grünanlage mit architektonischer Gestaltung entstanden. Die Planung stammte von dem Gartenarchitekten Martin Reinhardt (1876-1935), der seit 1901 die Leitung des Gartenarchitekturbüros Fritz Gude in Düsseldorf innehatte. Den Mittelpunkt des symmetrisch gestalteten Stadtgartens bildet noch heute ein großflächiges, neobarock geformtes Wasserbecken mit einer steinernen Einfassung. An dessen nördlicher Seite befindet sich eine repräsentative steinerne Balustrade mit drei Wasserspeiern. Vom dortigen, erhöhten Standort wird der freie Blick auf das tiefer liegende Wasserbecken und bis zur südlichen Grenze des Stadtgartens ermöglicht. Auf den Rasenflächen setzen Formgehölze in regelmäßiger Anordnung vertikale Akzente.

Die räumliche Nähe zur Villa Preuß, welche sich nur wenige Hundert Meter entfernt befindet, lässt es nahe liegend erscheinen, dass die geometrische Formensprache des Stadtgartens als Vorbild für die Gestaltung des Villengartens diente. Es sind bislang zwar keine Quellen gefunden worden, die eindeutig belegen würden, wer der Gestalter des Privatgartens war, doch es spricht einiges dafür, dass der Düsseldorfer Gartenarchitekt Martin Reinhard auch für diese Planung verantwortlich war. Die gestalterischen Übereinstimmungen sind deutlich erkennbar: Im ebenfalls symmetrisch angelegten Villengarten ist Wasser gleichermaßen ein zentrales Element. Dekorative Elemente aus Stein sowie Formgehölze tragen fernerhin genauso zum repräsentativen Charakter bei.

Nach Ansicht des Landschaftsverbandes Rheinland/ Rheinische Denkmalpflege ist der „Villengarten Preuß" ein herausragendes Beispiel für einen architektonisch gestalteten privaten Villengarten aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Für seinen Erhalt und seine Nutzung liegen künstlerische, hier gartenkünstlerische Gründe vor. Bedingt durch die Kriegsschäden und die weit reichenden baulichen Veränderungen im Zuge des Wiederaufbaus ist die „Villa Preuß" als nicht denkmalwert beurteilt worden. Der Villengarten ist hingegen in seiner grundlegenden Gestaltung erhalten geblieben, sein enger Bezug zum Gebäude ist immer noch ablesbar.

Es ist daher hiermit festzuhalten, dass der „Villengarten Preuß" in seinen auf dem beigefügten Lageplan eingezeichneten räumlichen Ausdehnungen ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW darstellt und bedeutend ist für die Geschichte des Menschen, insbesondere die Geschichte der Gartenkunst.

Dr. Kerstin Walter
Referatsleiterin Gartendenkmalpflege
Landschaftsverband Rheinland/ Rheinische Denkmalpflege