Gastwirtschaft Heinrichs

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 382
Baujahr zwischen 1880 und 1890
Eingetragen seit 23.02.2000
Flur / Flurstück 95/513
Adresse
Bahnhofstraße 33
41747 Viersen

Beschreibung
Das Gebäude befindet sich in markanter Ecklage Bahnhofstraße Parkstraße. Seine städtebauliche Wirkung wird besonders dadurch betont, dass es frei steht, ohne unmittelbare Nachbarbebauung; zu beiden Seiten schließt sich lediglich eine hohe, zeitgenössische Backsteinmauer an, die die angrenzenden Gartengrundstücke zur Straße abschirmt. Zur Zeit seiner Erbauung befand es sich damit direkt am alten Bahnhof der Stadt, der im Bereich der heutigen Einmündung der Bahnhofstraße in die Freiheitsstraße lag und auf den die Bahnhofstraße (damals noch Casinostraße) direkt zulief. Funktion und Anordnung des Gebäudes erklären sich z.T. aus dieser ehemaligen Lage.

Nach lokaler mündlicher Überlieferung wurde das Haus vom Eigentümer des benachbarten Hauses Bahnhofstraße 31, des Bankiers und Unternehmers Lüps, für eine "Geliebte" errichtet. Ursprünglich war in ihm eine Gastwirtschaft untergebracht, was bereits im Außenbau durch die abgeschrägte Ecke mit dem ehemaligen Eingang in die Wirtschaft, einem typischen Erkennungsmerkmal dieser Nutzung, angedeutet wird. Zwar sind derzeit keine Bauakten auffindbar, jedoch ist im Stadtarchiv die betreffende Konzessionsakte erhalten. Demnach wurde die Wirtschaft von einem Peter Heinrichs bzw. von seiner Witwe betrieben, der zuvor bereits eine Schankwirtschaft in der Heierstraße unterhielt. Ein Konzessionsgesuch der Witwe datiert aus dem Jahr 1890; da das Nachbarhaus Bahnhofstraße 31 1880 errichtet wurde, sind die 1880er Jahre als Bauzeit für das Gebäude Bahnhofstraße 33 anzunehmen.

Es handelt sich um einen stattlichen dreigeschossigen Putzbau mit historisierenden Fassadendekor. Zur Bahnhofstraße besitzt er fünf, in der abgeschrägten Ecke eine und zur Parkstraße drei regelmäßige Fensterachsen. Eingänge befinden sich in der mittleren Achse zur Bahnhofstraße und, heute vermauert, in der Eckachse. Das Erdgeschoss ist durch eine Putzbänderung akzentuiert. Die Eingänge werden antikisierend gerahmt (Pilaster auf Postamenten mit Gebälk), die durch ein Sohlbankgesims miteinander verbundenen hochrechteckigen Fenster von kleinen volutenförmigen Schlusssteinen bekrönt. Erd- und Obergeschoss trennt ein umlaufendes Gesims. Darüber verbindet wieder ein Sohlbankgesims die reicher gerahmten und verdachten Fenster des ersten Obergeschosses, welches so als beletage-artiges Hauptgeschoss ausgezeichnet ist. Die Fenster über den Eingängen sind durch aufwändige antikisiernde Rahmungen (auf der Ecke Dreiviertelsäulen, seitlich Pilaster) mit Brüstungs-Blendbalustern und bekrönenden Segmentgiebeln besonders hervorgehoben. Konsolen und Schäfte am Fenster der Eckachse sind mit Maskenköpfen und vegetabilem Schmuck versehen. Das zweite Obergeschoss wird lediglich durch ein Sohlbankgesims horizontal akzentuiert, Rahmung und Verdachung der Fenster sind hier weniger aufwändig wie im Hauptgeschoss, Dreiecksgiebel zeichnen die Fenster der Eingangsachsen aus. Ein kräftiges Kranzgesims leitet zu dem flach geneigten, abgewalmten Dach über.

Die Fassaden zu den Gartenseiten sind backsteinsichtig gehalten, mit einfach in die Wand eingeschnittenen Öffnungen ohne Rahmung oder Profilierung, jedoch mit stichbogiger Sturzmauerung.

Im Inneren ist der typische Gastwirtschaftsgrundriss im Erdgeschoss noch ablesbar erhalten. Charakteristisch sind der große ehemalige Schankraum mit eigenem Zugang in abgeschrägter Ecke und der danebenliegende getrennte Zugang für die anderen Räumlichkeiten, der auch zu einem innenliegenden Treppenhaus führt. In der Ecke zu den beiden Gärten hin, in einen eingeschossigen Anbau ausgreifend, war ehemals die Küche angeordnet. Weitere "Wirtschaftsräume" waren laut Konzessionsgesuch von 1890 in den beiden anderen Zimmern des Erdgeschosses und im Eckzimmer des ersten Obergeschoss untergebracht.

Leider wurde durch spätere Umbauten die originale Ausstattung weitgehend entfernt. Erhalten sind lediglich Reste von Deckenstuck im Eingangsflur und im Eckzimmer des ersten Obergeschosses (beide mit Rosette) sowie die schlichte Holztreppe.

Zu dem Gebäude gehört eine hohe Backsteinmauer entlang der Parkstraße mit Eckpylonen und Portal.

Als Zeugnis der Stadtentwicklung Viersens um 1900, dem ehemaligen Bahnhofsumfeld unmittelbar zugehörig und daher in städtebaulich und stadtbaugeschichtlich prominenter Lage, ist das Gebäude Bahnhofstraße 33 bedeutend für Viersen. Es ist außerdem ein wichtiger Bestandteil der historischen Strukturen und Gebäudeensembles im Bereich Bahnhofstraße/Stadtgarten/Park- und Poststraße.

Es handelt sich um ein gestalterisch typisches und mit seinem historisierenden Ornamentdekor qualitätvolles Beispiel des Baues um 1880/90 im allgemeinen und der Bauaufgabe Gaststätte im besonderen. Das Äußere ist im wesentlichen unversehrt anschaulich erhalten, im Inneren gibt trotz der späteren Umnutzung vor allem der typische Grundriss die ursprüngliche Bestimmung als Gaststätte noch wider. An der Erhaltung und Nutzung des Gebäudes besteht daher aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und ortsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Darüber hinaus liegen städtebauliche Gründe vor, da sich das Gebäude in exponierter Ecklage am Beginn einer der Hauptzufahrtsstraßen in die Innenstadt von Viersen befindet und einen historisch und ästhetisch stimmigen Hintergrund für die vorgelagerten öffentlichen Grün- und Gartenanlagen bildet. Hinzu kommt die bereits oben erwähnte Ensemblewirkung des Bereichs, zu der das Haus einen wichtigen Teil beiträgt. Von städtebaulicher Bedeutung ist schließlich auch die Gartenmauer zur Parkstraße, die zusammen mit ihrem Pendant an der Bahnhofstraße auch die vermutete Beziehung zum Haus Bahnhofstraße 31 (Villa Lüps) andeutet.

Da die Voraussetzungen des § 2 Denkmalschutzgesetz somit vorliegen, handelt es sich bei dem Gebäude Bahnhofstraße 33 in Viersen einschließlich der angrenzenden Gartenmauer um ein Baudenkmal. 

Im Auftrag
Dr. Marco Kieser
02.12.1999