Grabstätte der Familie Gatzenmeier/Schmitz

Baudenkmal Details
Listenart religiöse Denkmäler
Listennummer 501
Baujahr 1890
Eingetragen seit 15.03.2012
Flur / Flurstück 31/34
Adresse
Friedhof Dülken
41751 Viersen

Geschichte
Die Anlage des Friedhofs an der Arnoldstraße 1873 trug dem raschen Wachstum Rechnung, dass die Stadt Dülken zwischen 1830 und 1900 aufgrund ihrer Bedeutung als Industriestandort erlebte.

1826/30 war der Kirchhof bei der Kirche St. Cornelius im Ortskern aufgelassen worden, weil aus hygienischen Gründen die Toten nicht mehr innerhalb der Stadt beigesetzt werden sollten. Einen neuen Friedhof gründete man zunächst wenige hundert Meter nördlich der alten Stadtmauer. Nicht zuletzt die Errichtung des Bahnhofs nördlich der Stadt im Jahre 1866 führte jedoch dazu, dass dieser bald inmitten eines sich rasch entwickelnden Stadtteiles lag, so dass man sich zur Anlage eines neuen Friedhofs jenseits der Bahnlinie entschloss. Den Standort wählte man in einiger Entfernung zum bestehenden Stadtkörper, da man optimistische Erwartungen für die zukünftige Entwicklung der Stadt hatte, was u.a. der Bebauungsplan von 1894 belegt. Diese Erwartungen erfüllten sich allerdings nicht, weswegen der Friedhof auch heute noch nur lose städtebaulich eingebunden ist.

Auf dem Friedhof befindet sich eine große Anzahl beachtenswerter Grab- und Ehrenmäler, die wichtige Zeugnisse der Geschichte und Bedeutung Dülkens sind.

Beschreibung
Auf einem allseitig überstehenden Sockel aus schariertem Naturstein erhebt sich ein hohes, mehrstufiges Postament aus Granit, das von geschwungenen Stützen flankiert wird. Das Postament wird gegliedert durch geometrische Formen. So ist im Sockelbereich vorderseitig eine polygonale „Tafel“ ausgearbeitet, die die Inschrift trägt:

„Dem Auge fern,
Dem Herzen immer nah.“

Im oberen Mittelteil sind die Familiennamen der Grabstätte eingemeißelt:

Familie
Gerhard Gatzenmeier
P. W. Schmitz

Auf dem Postament befindet sich ein im Profil wiedergegebener Engel in Gestalt einer jungen Frau. Die lebensgroße Figur trägt nazarenische Züge. Ihr mittellanges lockiges Haar wird durch einen Mittelscheitel geteilt. Ihr langes wallendes Kleid wird durch eine Halskette mit einem kleinen Kreuzanhänger geschmückt. Mit gesenktem Kopf, ernsten und verinnerlichten Gesichtszügen blickt sie auf ein mit blühenden Blumen geschmücktes Band, das sie mit ihren Händen der ausgestreckten Arme umfasst. Ihre Engelsflügel gleichen dem Gefieder eines Raubvogels. Der Engel steht mit einem angewinkelten Bein vor einem Kreuz, das sich auf der nur grob angedeuteten Darstellung eines Felsens erhebt. Seine Kreuzenden sind „abgebrochen“. Um den Kreuzstamm windet sich eine Blumengirlande. Sowohl das Kreuz als auch der Engel sind aus Marmor gearbeitet.

Engel spielen in vielen Kulturen eine wichtige Rolle. Im Judentum, im Islam und im Christentum sind Engel Boten oder Geistwesen, die als Vermittler zwischen Himmel und Erde fungieren. Als Grabengel sollen sie eine Verbindung zwischen dem Verstorbenen und seiner Familie herstellen. Als Schutz für den Verstorbenen, hier ein Kind, soll der Engel es auf seiner letzten Reise begleiten.

Die 1890 errichte Grabanlage ist in ihrer heterogenen Zusammenfügung von aufwendigen Materialien und monumentaler Grabfigur typisch für den repräsentativen Anspruch des damaligen Bürgertums, zu der die Kaufmannsfamilie Gatzenmeier zählte.

Gerhard Hubert Gatzenmeier wurde am 21. Oktober 1853 in Coerrenzig bei Erkelenz geboren. Er gründete 1878 ein Handelgeschäft für Leder- und Schuhmacherbedarfsartikel in Dülken, das im Laufe der Jahre zu einem der bedeutendsten dieser Branche wurde und international tätig war. Der Firmensitz befand sich an der Viersener Straße 6. Nach dem Tod des Firmengründers am 5. März 1905 übernahm zunächst sein Sohn Hubert die Firmenleitung. Nach dessen frühen Tod im Alter von 27 Jahren wurde die Firma 1912 unter dem Namen G. H. Gatzenmeier Nachfolger unter der Leitung der Herren Carl Lünger und Alfred Linkenbach weitergeführt.

Gerhard Gatzenmeier heiratete die Dülkenerin Thekla Klingen. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Die älteste Tochter Maria verstarb in Alter von 8 Jahren 1890. Die zweitälteste Tochter Agatha heiratete den Steueroberinspektor Peter Wilhelm Schmitz aus Dülken. Lediglich die jüngste Tochter Laura verzog mit ihrem Ehemann in seine Heimatstadt Mainz. Die Familie Gatzenmeier wohnte zuletzt in der repräsentativen Villa Am alten Rathaus 4.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere kunstgeschichtlichen und lokalhistorischen Gründen liegen Erhaltung und Nutzung des Grabsteins gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse.

Quellen
Stadtarchiv Viersen

Quellenrecherche
Verein Geschichte für Alle e.V. Viersen

Literatur
Brües, Eva: “Die Denkmäler der ehemaligen Stadt Dülken, Teil 1: Die sakralen Denkmäler“ in: Oberkreisdirektor Viersen (Hrsg.): “Heimatbuch des Kreises Viersen 1980“, 31. Folge, Seite 129

Dr. Doergens, Hugo: „Chronik der Stadt Dülken“, Dülken 1925, Seite 303

Stand
Fachbereich 80/II
Untere Denkmalbehörde
Viersen, den 17.02.2012