Grabstein Eheleute Peter Lankes

Baudenkmal Details
Listenart religiöse Denkmäler
Listennummer 552
Baujahr 1954
Eingetragen seit 16.10.2023
Flur / Flurstück 102/2211
Adresse
Friedhöf Löh
Viersen

Beschreibung
Der Grabstein, laut Entwurf aus Rüthener Grünsandstein, besteht aus zwei langrechteckigen Blöcken, der eine ca. 1,50 m breit liegend, der andere links anschließend als Stele, ca. 1,25 m hoch, beide auf einer gemeinsamen Sockelplatte aufgestellt. Aus der vorderen Ecke der zum Teil scharrierten Stele ist die Figur des Heiligen Sebastianus herausgearbeitet, von den Pfeilen in die Brust getroffen, auf Knien zusammengesunken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, der Kopf mit geschlossenen Augen zur Seite geneigt. Es handelt sich um eine schlanke, hagere Figur mit der für den Künstler typischen stark konturierten Detailzeichnung am Gesicht, aber auch an Teilen des Körpers (z.B. erkennbare Rippen). An der rechten Schmalseite ein leicht vorstehendes Inschriftenfeld mit der Inschrift in Großbuchstaben

„Unserem / Diözesan / Bundesmeister / Die / Bruderschaften“.

Der rechts anschließende liegende Block zeigt in schlichter Weise nach vorne mittig ein Kreuz, links und rechts ebenfalls in Großbuchstaben jeweils die Daten der Verstorbenen:

links „Peter Lankes / Schulrat / 1877 – 1954“

rechts: „Elsa Lankes, Geb. Schüler, 1882 - 1961

An der oberen Kante entlang außerdem der Satz:

„Saat von Gott gesät dem Tage der Garben zu reifen“,

ein Zitat von Klopstock aus dessen Epos „Messias“ (1773).

Familie
Peter Lankes (geb. 1877 in Dilkrath, gest. 1954 in Viersen) war seit 1913 Lehrer und Rektor in Viersen (Schule Schultheißenhof). In der NS-Zeit wurde er ab 1934 nach   Duisburg-Hamborn zwangsversetzt, „weil .. [er] eine Halbjüdin als Frau hatte und nicht in die NSDAP eintreten wollte“ [Schulrat Peter Lankes, 2005, Seite 63]. Nach dem Krieg kehrte er nach Viersen zurück, wurde noch zum Schulrat ernannt und 1949 in den Ruhestand versetzt.

Bekannt sind zum einen sein federführendes Wirken in der 1921 gegründeten Theatergemeinde Viersen, Dülken, Süchteln, einem „treibenden Faktor des Viersener Kulturlebens“ [Arie Nabrings, zit. n. Ewers 2013, Seite 221], die 1933 von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Zum anderen und vor allem war Lankes überregional aktiv im katholischen Bruderschaftswesen. 1925 war er zunächst Mitbegründer und danach Vorsitzender des Viersener Stadtverbandes der Bruderschaften. 1928 war er auf überregionaler Ebene entscheidend beteiligt bei der Gründung der „Erzbruderschaft vom Hl. Sebastianus“ in Köln, einem dezidiert katholischen „Gegengewicht“ zum Deutschen Schützenbund, zur „Förderung des Gedankens der Männnerbewegung im Katholischen Glauben“. Der heutige Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e. V. (BHDS) wurde am 27. Februar 1928 unter dem Namen Erzbruderschaft vom Heiligen Sebastianus gegründet. Er ist nach eigenem Selbstverständnis ein „gemeinnütziger Dachverband für die ganze Schützenfamilie mit rund 400.000 Mitgliedern in rund 1.250 Mitgliedsbruderschaften, -gilden und -vereinen, die sich zu einem im Geiste der Ökumene offenen Verband in der katholischen Kirche in den Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster, Paderborn und Trier zusammengeschlossen haben“ [zit. n. Homepage BHDS, siehe Quellenverzeichnis]. Das Motto des Verbandes lautet „Für Glaube, Sitte und Heimat“; explizit Peter Lankes zugeschrieben wird ein zweiter Leitspruch des Bundes „Aus alter Wurzel neue Kraft“.

Lankes war u.a. Generalsekretär und Schatzmeister auf nationaler Bundesebene. Nach politisch bedingter Auflösung der Erzbruderschaft 1936 war er nach Ende der NS-Zeit auch an der Wiederbegründung des Bruderschaftswesens in Viersen und im überregionalen Zusammenschluss maßgeblich beteiligt. Der Grabstein wurde vom Stadtverband der katholischen Schützenbruderschaften ihm zu Ehren als Denkmal und mit dem sprechenden Motiv des Heiligen Sebastian bei dem seinerzeit bereits renommierten Bildhauer Wilhelm Hanebal in Auftrag gegeben.

Künstler
Wilhelm („Will“) Hanebal (geb. 1905 in Steinheim/Westf. – gest. 1982 in Meerbusch-Büderich) zählt zu den bekanntesten freischaffenden Bildhauern der mittleren Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts im Rheinland. Neben Porträts u.a. für den privaten Bereich zeugen zahlreiche Objekte im öffentlichen Raum – Grabmale, Denkmäler, Kreuzwegstationen, „Kunst am Bau“ u.a. – nicht zuletzt auch von seiner Popularität von etwa den 1930er Jahren an. Er arbeitete zumeist figürlich und dabei charakteristischerweise mit einer scharfen Konturierung seiner Figuren oder Porträts, die an expressionistische Kunst erinnert und einen hohen Wiedererkennungswert hat.

Seit 1929 lebte und arbeitete der in Westfalen gebürtige Hanebal in Düsseldorf, ab 1942 dann in Büderich (Stadt Meerbusch). Sein Schaffen und seine Stellung als Parteimitglied im Nationalsozialismus (einschließlich der Herstellung einer Hitlerbüste und mehrfacher Teilnahme an der Großen Deutschen Kunstausstellung des Regimes) stehen seit einigen Jahren in der Kritik. Sein vergleichsweise bruchlos praktizierter, charakteristischer Stil stand – auch polarisierend – außerhalb der allgemeinen Stilentwicklung im „Mainstream“, war dabei aber zumal bei einer eher traditionsgerichtet-konservativen Auftraggeberschaft sehr populär. Neben der zweifellos vorhandenen künstlerischen Qualität sind Hanebals öffentliche Werke stilkritisch und thematisch somit durchaus auch von allgemein zeithistorischem Quellenwert.

Denkmalwert
Es handelt sich um einen durch einen überregional bekannten Bildhauer, Wilhelm („Will“) Hanebal, künstlerisch qualitätvoll gestalteten Grabstein, der den zahlreichen auf dem Friedhof Löh vorhandenen hochwertigen älteren Grabmalen ein ausdrucksstarkes Werk aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zur Seite stellt. Zudem war der hier bestattete Peter Lankes, für den der Grabstein 1954 vom Stadtverband der katholischen Schützenbruderschaften als Denkmal in Auftrag gegeben wurde, eine bekannte Person des öffentlichen Lebens in der Stadt und darüber hinaus.

Der Grabstein Lankes zeigt deutlich die angeführten Charakteristika, in einer dem Wesen des persönlichen Grabmals gemäßen kleinen, „intimen“ Form. Neben der typischen stark konturierten Figurenzeichnung ist bemerkenswert, dass durch die Eckstellung der Figur und den damit verbundenen Vertikal-Horizontal-Kontrast der beiden Blöcke eine einfache aber wirkungsvolle Komposition die künstlerische Handschrift und nicht zuletzt auch den Denkmal-Charakter des Grabsteins vermittelt. Aus der üblichen Masse der häufig eher gestaltarmen Grabmale der Nachkriegszeit sticht der Grabstein von Peter und Elsa Lankes deutlich heraus und fügt dem reichen sepulkralgeschichtlichen Erbe des Viersener Löh-Friedhofs eine wichtige Facette und Zeitstellung dazu.

Der Grabstein Lankes auf dem Friedhof Löh in Viersen ist gemäß §2 Denkmalschutzgesetz NRW ein Denkmal. Er ist bedeutend für Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus künstlerischen und wissenschaftlichen Gründen ein Interesse der Allgemeinheit.

Quellen / Literatur (Auswahl)
Materialsammlung Stad Viersen, Untere Denkmalbehörde

Homepage des Bundes der historischen deutschen Schützenbruderschaften: https://www.bund-bruderschaften.de/der-bhds/ueber-uns/ [06.10.2023]

Johannes Waldhoff: Holz, Stein und Bronze: Will Hanebal zum 100. Geburtstag. (Heimatgeschichtliche und volkskundliche Schriften der Stadt Steinheim, Band 15). Steinheim 2005

Frank Körfer: Ein umstrittener Bildhauer und seine Kunstwerke in Hückelhoven. Zum 40.Todestag von Wilhelm Hanebal (1905 - 1982), in: Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2022, S. 136-144.

Schulrat Peter Lankes 1877 – 1954. Ein Leben für die Bruderschaft, zusammengestellt v. Erich Sauren, o.O. [Viersen], 2005

Marcus Ewers: Der Fall Kapelle — oder die Gleichschaltung des Humanistischen Gymnasiums Viersen 1933/34. In: Heimatbuch Kreis Viersen Bd. 64 (2013), Seiten 213-225

Stand
Ortstermin vom 26.01.2023
09.10.2023
LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland
Dr. Marco Kieser