Katholische Kinderbewahranstalt

Baudenkmal Details
Listenart öffentliche Denkmäler
Listennummer 158
Baujahr 1899
Eingetragen seit 22.06.1988
Flur / Flurstück 92/765
Adresse
Petersstraße 7a
41747 Viersen

Geschichte
Mit Genehmigung des Bauantrags vom 16.05.1899 für den Neubau einer Kinderbewahranstalt wurde die Pfarre St. Remigius unter Oberpfarrer Ludwig Stroux und dem als Bauleiter zeichnendem J. Cuylen, das in der Straßenflucht der Petersstraße gelegene, zweigeschossige Gebäude errichtet. Es zeichnet sich durch seine besonders große Geschosshöhe aus und überragt daher die direkt angrenzende, ebenfalls zweigeschossige Nachbarbebauung. Die Ursache dafür ist in den Schulbauverordnungen der damaligen Zeit zu sehen, die außer Raumhöhe auch Belichtung und Beleuchtung der Klassenräume regelten.

Von einer schulischen Einrichtung auf diesem Grundstück - allerdings im rückwärtigen Bereich - ist erstmals 1890 die Rede, als von Carl Schnitzler ein Antrag zur Errichtung einer katholischen Kinderbewahrschule gestellt wurde. Bebauungen anderer Nutzung sind aktenkundig nachweisbar bereits seit 1872:

1872 - Dampfkesselanlage, Bauherr: Carl Genenger
1874 - Straßenmauer, Bauherr: wie vor
1888 - Schreinerwerkstatt, Bauherr: Johann Rungkers

Die Kinderbewahrschule erfuhr, bedingt durch die gesellschaftliche Entwicklung, die unterschiedlichsten Funktionen.

Im Erdgeschoss befand sich 1899 zunächst ein großer Schulraum mit dahinterliegendem Hofraum, im Obergeschoss der Sticksaal für den Paramentenverein und die Nähschule. Das Dachgeschoss wurde hauptsächlich als Speicher, teils als Wohnraum genutzt.

1901 richtete der Katholische Kaufmännische Verein zu Viersen eine Handelsschule ein. Der Unterricht fand abends und an den Wochenenden statt und vermittelte Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Kaufmannswesens.
Im Jahr 1916/1917 wurde im sogenannten "Petershaus" von Oberpfarrer Michael Schüten ein Katholischer Krieger-Kinderhort für anfangs 20 - 30, später 50 - 70 Kinder untergebracht, deren Väter Kriegsdienst leisteten und deren Mütter erwerbstätig waren. Die Pfarrchronik berichtet von umfangreichen baulichen Änderungen.

1962 wurde die Wohnung im Dachgeschoss vergrößert.

Umbaupläne aus dem Jahr 1937, wonach erhebliche Abbrucharbeiten im rückwärtigen Bereich und im Innern zur Errichtung von drei Wohnungen vorgenommen werden sollten, wurden nicht durchgeführt. Somit ist statt der geplanten dreigeschossigen Anlage mit wesentlich geringeren Geschoss- und Fensterhöhen die ursprünglich zweigeschossige Fassade erhalten geblieben.

Beschreibung
Die vertikal vierachsig aufgebaute Fassade ist verputzt und asymmetrisch gegliedert durch die Betonung des Eingangsbereichs an der rechten Seite. Vom Sockel bis zur Traufe ist diese Achse ca. 30 cm auf der normalen Gebäudefront hervorgezogen, über dem Eingang befindet sich eine kielbogenartig übergiebelte Nische mit der Figur des Hl. Petrus. Die Kämpferpunkte des Bogens ruhen auf Konsolen. Hierdurch wird dem Eingang eine zusätzliche besondere Bedeutung zugemessen. Die geraden Fensterstürze des Erdgeschosses werden durch in Putz ausgeführte halbkreisförmige Bögen überwölbt, deren Inneres ornamental-plastisch ausgestaltet ist. Die Fensterstürze des Obergeschosses sind durch friesartige, geschwungene Aussparungen in Putz geschmückt.

In der Horizontalen wird die Fassade durch ein Sockelgesims, durch Fensterbankgesimse, durch ein in Traufhöhe der Nachbargebäude verlaufendes Gesims und durch ein ca. 10 cm weit ausladendes Attika-Gesims gegliedert. Das zur Straßenseite abgewalmte ca. 40° steile Satteldach wird somit von der Straßenseite aus kaum wahrgenommen.

Das Innere des Gebäudes wird hauptsächlich gekennzeichnet durch die Größe seiner Räume (Abmessungen ca. 6,30 bzw. 8,80 x 13,50 und 11,50 x 6,90 m bei einer lichten Raumhöhe von ca. 4 m bzw. 5 m). Die geradläufige Treppenanlage ist noch in ursprünglichem Zustand erhalten. Die Holzbalkendecken sind erneuerungsbedürftig.

Mit dem Gebäude Petersstraße 7a ist der Stadt Viersen ein Gebäude erhalten geblieben, das außer seiner gründerzeitüblichen dekorativen Fassadengestaltung auch durch die unveränderte Erhaltung der gattungstypischen Grundrisskonzeption besticht.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen, kulturhistorischen und vor allem ortsgeschichtlichen Gründen liegt die Erhaltung dieses Gebäudes nach § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.

Quellen
Akte Petersstraße 7a
Sta. 63 Bauordnungsamt der Stadt Viersen

Literatur
Geschichte der Kirche und Pfarre zum Hl. Remigius in Viersen, Gerhard Frenken, Verlag B. Kühlen, Mönchengladbach
Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland, Architektur II, Eduard Trier und Willy Weyres, Schwann Düsseldorf, Seite 119 - 155
"Schulbauten" von Horst Schmitges

Stand
Hochbauamt der Stadt Viersen
Oktober 1987 
überarbeitet: 11.01.2001