Landwirtschaftliche Winterschule

Baudenkmal Details
Listenart öffentliche Denkmäler
Listennummer 143
Baujahr 1928
Eingetragen seit 31.03.1987
Flur / Flurstück 14/443
Adresse
Bodelschwinghstraße 126
Viersen

Geschichte
Da die bestehende - 1907 gegründete - landwirtschaftliche Winterschule (Bruchweg 7) in Dülken nicht mehr den Bedürfnissen entsprach, beschloss der Kreistag des Kreises Kempen 1927 einen Neubau auf einem Grundstück an der Gartenstraße, die später in Bodelschwinghstraße umbenannt wurde. Die Grundsteinlegung erfolgte am 29.02.1928. Am 15.11.1928 wurde der Schulbetrieb aufgenommen. Bis zu ihrem Umzug nach Viersen war die Schule für 79 Jahre in Dülken, davon 58 Jahre an der Bodelschwinghstraße.

Die Schule gliederte sich in eine Unter- und Oberklasse, eine Mädchenklasse und eine gärtnerische Fortbildungsschule in drei Klassen. Im Laufe der Zeit kam die Übernahme anderer Abteilungen:

1. Teile der ehemaligen Landwirtschaftsschule Kempen

2. Zusammenschluß der Krefeld-Dülkener-Lehranstalt in Dülken

3. Beratungsstelle.

1976 wurde die Schule als eine der vier Schwerpunktschulen im Kammergebiet anerkannt. Bis zum 75jährigen Jubiläum (1982) wurde sie von 800 Schülerinnen und 1675 Schülern besucht.

Beschreibung:
Der L-förmige zweigeschossige Massivbau wendet sich mit der Hauptansicht (Klassentrakt) der Bodelschwinghstraße zu. Deutlich spiegelt der Schulbau seine Funktionen in der Fassade wider: 4 Klassen mit zugehörigen Nebenräumen in den risalitartig vorgezogenen Seitentrakten sind symmetrisch um die Erschließung angeordnet.

Aus dem expressionistischen Zeitgeist erfolgt darüber hinaus die eigentliche künstlerische Aussage: Kraftvoll schiebt sich das Mittelteil der Fassadenwand über die Dachzone nach oben, es durchstößt die Traufe, wobei die Bruchstellen durch vermittelnde kurze Horizontalstreifen abgemildert werden.

In einer weiteren Steigerung wird das Mittelteil noch weiter hochgeschoben, gleichzeitig durch die Backsteinstruktur betont und mit einer ornamentierten Freifläche für eine Symbolfigur (Sämann) versehen. Über dieser Figur bildet die Wand eine Abschlußzone, innerhalb deren die unruhigen ge-brochenen Gesimse zur Ruhe kommen.

Interessanterweise wurden der Genehmigungsbehörde mit Datum vom 2.3.1928 zwei Fassadenentwürfe vorgelegt, von denen die der Richtung Expressionismus entsprechende (unterschrieben von Kreisbaumeister Koch) ausgeführt wurde. Die vom Kreisbaumeister Ledschbor unterzeichnete ist mehr der Tradition mit neogotischen Zutaten verpflichtet.

Bis auf zwei Figuren über dem Eingang und dem Ornamentglas im Fenster dahinter ist die Außenansicht unverändert. Die Fahnenstangen sind spätere Zutat.

Bedauerlicherweise ist die ursprüngliche Einfriedung, die aus weißen horizontalen Holzelementen zwischen Pfeilern bestand, verlorengegangen. Sie unterstützte den expressiven Ausdruck der Fassade.

Das Innere betritt man durch einen achteckigen Vorraum, der mit quadratischem rot-braunen Mosaik ausgekleidet ist. In der Achse die Gedenktafel für die Gefallenen von 1914-18 mit einem Ornamentglasfenster darüber und von einer scharrierten Kunststeinplatte nach oben abgeschlossen. Der seitliche Rahmen wird durch Backsteinvorlagen, in die Kreuzformen eingearbeitet sind, begrenzt.

Die Klassen im Erd- und Obergeschoß sind um 1950 renoviert worden. Einbauschränke, Fußböden, Türen und Fenster in Holz sind noch erhalten. Im Obergeschoss ist in Abänderung zum Baugesuch ein Flur wie im Erdgeschoss angeordnet - im Zusammenhang mit dieser Änderung ist die Lage der Treppen zu verstehen.

An die nordöstliche Ecke des Gebäudes schließt sich der Wohntrakt an - zwei Wohnungen von guter Qualität sind in der ruhigsten Zone des Grundstücks angeordnet. Die Ausstattung ist überwiegend erhalten. Vor allem die Holzarbeiten fallen auf: Parkettböden, Türen im Rahmen-Füllungs-Prinzip, Fenster und Rolladen in Holz, Einbauschränke, Raumteiler - dazu sind die alten Beschläge mit ovalen Schildern vorhanden. Die Bäder sind weiß/grau, die Küchen schwarz/grau mit Mäanderstreifen als Abschluss gefliest. Terrassen und Wintergarten erhöhen den Wohnwert.

Städtebau
Durch das Zurückspringen des Gebäudekörpers von der Bodelschwinghstraße wird einerseits der repräsentative Eigenwert erhöht, andererseits ein Freiraum gebildet, der den Straßenverlauf gliedert und somit bereichsprägend wirkt.

Als qualitativ gutes Architekturbeispiel des Expressionismus ist die Landwirtschaftsschule Dülken - unter anderem - von Bedeutung.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur-, orts- und schulgeschichtlichen Gründen liegen Erhaltung und Nutung des Gebäudes gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.

Quellen
Akte Sta. 65 Hochbauamt der Stadt Viersen
Akte Sta. 63 Bauordnungsamt der Stadt Viersen

Literatur
Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Landwirtschaftsschule und Beratungsstelle Viersen-Dülken von Dr. Hartmut Querner

Stand
Hochbauamt der Stadt Viersen
Dezember 1986