Schellershof

Baudenkmal Details
Listenart ländliche Denkmäler
Listennummer 405
Baujahr 1832 (Wohnstallhaus); 19. Jahrhundert (Ökonomiegebäude)
Eingetragen seit 19.02.2001
Flur / Flurstück 31/297
Adresse
Heimerstraße 75
41748 Viersen

Geschichte
Heimer wird 1381 urkundlich genannt (Heymenrade). Die Honschaft entwickelte sich an zwei Bächen entlang der heutigen Kempstraße und der Heimerstraße. Letztere wird 1648 als Schellerstaete bezeichnet, nach einem Hof „To Schellers", der sich möglicherweise bis in das 14. Jahrhundert, sicher seit 1408 zurückverfolgen lässt.

Schellershof und eine benachbarte, um 1600 als "To Rütgershus to Schelers" bezeichnete Hofstelle (ein seit 1408 belegter früher Abspliss des Schellershofes) werden von Mackes (siehe Literaturverzeichnis) etwa an jener Stelle verzeichnet, an der sich die heutige Hofanlage befindet. Mündlich und schriftlich sind als spätere Eigentümer Schürkes und (1886) Giesen überliefert.

Beschreibung
Es handelt sich um eine geschlossene Hofanlage aus Backstein, bestehend aus einem Wirtschaftsgebäudegeviert des 19. Jahrhunderts, die im Grundriss auf der Uraufnahme-Karte von 1844 bereits vorhanden ist, und einem herausgerückten ehemaligen Wohnstallhaus, im Kern mindestens aus dem 18. Jahrhundert, das im 19. Jahrhundert für damalige Wohnbedürfnisse umgebaut wird.

Der breit gelagerte, bis auf Erdgeschosshöhe tief herabgezogene Südgiebel des Wohnhauses besitzt einen Krüppelwalm. Holländische Giebeldreiecke akzentuieren die Ortgänge. Die Fenster der beiden Obergeschosse sind symmetrisch angeordnet, die Achsen des Erdgeschosses mit dem Hauseingang weichen hiervon etwas ab. Zum Teil sind hier und an anderen Hausseiten alte Fensterläden erhalten. Gemauerte Stichbögen überfangen die Öffnungen, der Eingang ist mit einem profilierten Gewände akzentuiert. Bemerkenswert ist die alte doppelflügelige Haustür mit dezenten neogotischen Schmuckformen und einem gusseisernen ornamentierten Oberlicht. Ankersplinte bezeichnen das Jahr 1832 und die Initialen IS MS.

Sowohl der Giebel als auch die übrigen Seiten zeigen relativ homogenes Mauerwerk mit nur wenigen späteren Ausbesserungen oder Ergänzungen. Die Dachflächen sind bis auf geringfügige Ausnahmen geschlossen.

Das Innere des Wohnhauses zeigt in außerordentlicher Originalität noch Raumaufteilung und Ausstattung eines landschaftstypischen ehemaligen Wohnstallhauses mit zweigeteiltem Mittelschiff, mit Anpassungen an die Wohnkultur des frühen 19. Jahrhunderts. Kennzeichnend ist die Aufteilung in zwei große zentrale Räume, die durch eine Kaminwand getrennt werden. Dieser Hauskern wird von dem vermutlich noch vollständig erhaltenen System aus den üblichen vier Gebinden, die heute überputzt sind, definiert. In den Abseiten daneben befinden sich kleinere (Wohn-) Räume, darunter auch zwei Opkamern mit zugehörigen Kellern darunter. Das Obergeschoss ist vollständig in zahlreiche Einzelzimmer, zum Teil mit einfachen Stuckdecken, ausgebaut. Im Kaminblock ist eine Räucherkammer erhalten. Teilweise sind hier auch alte Lehmflechtwerkwände erkennbar.

Von der historischen Ausstattung hervorzuheben ist zuerst der vordere Herdraum (Eren) mit Rauchfang (Schoormantel), profiliertem Gesims und aufgesetztem kleinem Geländer (Tellerbort). An der eingeschwungenen ehemaligen Herdwand sind über Eck gestellte manganfarbene und weiße glasierte Kacheln angebracht, aus denen auch die Fußleiste des Raumes hergestellt ist. Der Fußboden besteht aus grauen und schwarzen Steinplatten, Kantenlänge 35 cm. Die Decke ist verputzt, mit zwei profilierten Unterzügen.

Rechts der Herdwand führt eine gerade Holzstiege ins Obergeschoss, seitlich davon befindet sich eine der beiden Opkamern. In der linken Abseite sind zwei Wohnzimmer angeordnet, das vordere mit einfacher, das hintere mit aufwändiger Stuckdecke. Sie weisen Kehlprofile mit flachen Volutenkonsölchen über Eierstäbe, einen äußeren und inneren Deckenspiegel und letzterer Eckkartuschen und Mittelrosette auf.

Im hinteren Mittelschiffraum, ehemals wohl Futterdeele, seit dem 19. Jahrhundert Waschküche, ist ebenfalls der alte Steinplattenboden erhalten. Von hier aus sind eine zweite Opkamer und eine zweite Stiege zum Obergeschoss hin erreichbar.

Alte Zimmertüren in Rahmen-Füllungs-Bauweise sind ebenfalls erhalten und tragen zur geschlossenen historischen Raumausstattung bei.

Die Wirtschaftsgebäude bilden ein Geviert, in das der rückwärtige Giebel des Wohnhauses miteingebunden ist. Unmittelbar an das Wohnhaus schließen rechts der Kuhstall mit Kappendecke, links eine korbbogige Durchfahrt an, über der außen eine kleine Nische mit Josefsstatuette (Porzellan ?, 2. Hälfte 19. Jahrhundert) angebracht ist. Die östliche Seite bildet eine große mehrgeschossige Scheune, mit erhaltenem stattlichen Holzgerüst innen. Nördlich begleiten die eingeschossigen Gebäude der ehemaligen Mühle und das Torhaus mit einfachem Dreiecksgiebel die Heimerstraße. Ein ebenfalls eingeschossiger Pferdestall schließt dann im Westen das Geviert. Dem Charakter einer Hofanlage entsprechend sind die Wirtschaftsgebäude gemäß ihrer Funktion auch baulich unterschieden. Die großen Wand- und Dachflächen sind nach außen beinah vollständig geschlossen, und auch nach innen besitzen sie nur die für eine Hofanlage funktional notwendigen Öffnungen.

Clasen (siehe Literaturverzeichnis) erwähnt, es werde noch ein "Balken mit Inschrift in eingetieften Kapitalen aufbewahrt: GOT BHVT DES BV FVR FVWER VND BRANDT DAN ES STEHET IN GOTTES HAND ANNO 1721 DEN 28 MEJ H B. PETER SCHELLERS MARTA SCHELLERS ELVT."

Auf dem Grundstück am Torgebäude zur Heimerstraße befindet sich ein dem Hof zugehöriges Heiligenhäuschen, das die Familie Schürkes 1864 zum Andenken an eine Mission des Pfarrers in Helenabrunn errichten lässt.

Die Hofanlage Heimerstraße 87/89 wird bereits im Inventar des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege 1964 als Baudenkmal benannt und wegen ihres ungewöhnlich guten Erhaltungszustandes ausführlich beschrieben. Sie ist ein in ihrer historischen Geschlossenheit heute sehr selten gewordenes Zeugnis der bäuerlichen Kultur in Viersen im allgemeinen und der Siedlungsentwicklung in der alten Honschaft Heimer im besonderen. Die Grundkonzeption eines Wohnstallhauses mit zweigeteiltem Mittelschiff des mindestens 18. Jahrhunderts ist ebenso ablesbar wie dessen behutsame Anpassung an Wohn- und Arbeitsbedürfnisse des mittleren 19. Jahrhunderts, mit zahlreichen Ausstattungsdetails und als Höhepunkt der erhaltenen Raumaufteilung mit Herdwand, Kaminblock und Opkamern. Die Wirtschaftsgebäude bilden eine jüngere Zeitstufe der Bauernhofentwicklung, sie sind für diese ebenfalls aussagekräftig überliefert und integraler Bestandteil des Denkmals.

Aus den angeführten und beschriebenen Gründen ist die Hofanlage Heimerstraße 87/89 bedeutend für Viersen. Wegen ihres hohen Zeugniswertes für eine selten gewordene landschaftstypische Bau- und Wohnform besteht an ihrer Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und stadtentwicklungsgeschichtlichen sowie aus volkskundlichen Gründen. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.

Quellen
Akte Heimerstraße 87/89 
FB 60/II Bauaufsicht 
Akte Heimerstraße 87/89 
FB 80/III Zentrale Bauverwaltung

Literatur
P. Norrenberg: Aus dem Viersener Bannbuch. Viersen 1886, Seite111f 
Karl L. Mackes: Aus der Vor-, Früh- und Siedlungsgeschichte der Stadt Viersen. Viersen 1956, Seite 121-123 und Karte im Anhang
Carl-Wilhelm Clasen: Viersen ( = Die Denkmäler des Rheinlandes, o. Bandz.), Düsseldorf 1964, Seite 30 
Gerhard Eitzen: Niederrheinische Bauernhäuser vom 15. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, 1981, Nachdruck Köln 1987

Stand
FB 80/III Zentrale Bauverwaltung 
-Untere Denkmalbehörde- 
Januar 2001