Siedlung Hammer Schanze

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 546
Baujahr 1934/ 1936-1937
Eingetragen seit 08.12.2021
Flur / Flurstück 10 / 230, 231 und 261
Adresse
Hammer Schanze 2c
41748 Viersen

Beschreibung

Darstellung der wesentlichen charakteristischen Merkmale
Bei der Siedlung Hammer Schanze handelt es sich um eine geschlossene Gruppe von acht freistehenden Wohnhäusern und sieben Nebengebäuden (Schuppen), beiderseits und am platzartig aufgeweiteten Ende einer Erschließungsstraße, am südöstlichen Stadtrand von Viersen. Errichtet wurde die Siedlung in zwei Etappen 1934 und 1936/37, zunächst als „Not- und Behelfswohnungen“, dann „Volkswohnungen“ auf Grundlage reichsweiter Programme zur Behebung der Wohnungsnot (Teil-Finanzierung über Reichsdarlehen).

In einem ersten Bauabschnitt wurden 1934 vier Häuser – heutige Hausnummern 2c/4, 6/8, 10/12, 14/16 (Hausnummer 14 1952 nach Kriegsbeschädigung wiederhergestellt) – als „Not- und Behelfswohnungen“ mit ursprünglich jeweils vier Wohneinheiten (2 x 2 und 2 x 3 Räume, letztere unter Einbeziehung einer zusätzlichen Kammer im teilausgebauten Dachgeschoss) und seitlich begleitenden Schuppen errichtet. 1936/37 kam ein zweiter Abschnitt dazu (heutige Hausnummern 3, 5, 7, 11), nun als „Volkswohnungen“ in Form von Dreifamilienwohnhäusern mit ursprünglich jeweils drei Wohneinheiten à zwei Räumen. Ursprünglich handelte es sich um fünf Häuser, Hausnummer 9 wurde je-doch 2001 durch einen Brand vernichtet. Ausgeführt wurden 1936/37 zwei Typen a und b, die sich jedoch im Wesentlichen nur dadurch unterschieden, dass Typ a (Hausnummer 5) einen freistehenden Schuppen hinter dem Haus hatte, wodurch im Inneren eine Raumreserve im DG möglich war, wohingegen bei Typ b der „Schuppen“ in das Haus integriert wurde und die Wohnungen ohne Reserve als Zweizimmerwohnungen (Küche + Schlafzimmer) konzipiert waren.

Zugehörig zu den Häusern ist – in den Förderrichtlinien zur Errichtung so vorgesehen – rückwärtig jeweils ein Abschnitt Gartenland zur Bewirtschaftung zwecks teilweiser Selbstversorgung der Bewohner.

Die Wohnhäuser stehen traufständig nur wenig abgerückt an der Straße Hammer Schanze, die als Sackgasse eine angerartige Erschließung der Siedlung bildet. Spätestens mit der Platzierung der 1936/37 errichteten Häuser als Gegenüber der zunächst errichteten Reihe nördlich der Straße sowie des platzbildenden Abschlusses durch Hausnummer 11 im Osten wird erkennbar ein geschlossenes Bild der Siedlung angestrebt und damit auch ein städtebaulicher Gestaltungswille deutlich, der bis heute anschaulich ist.

Es handelt sich um kompakte eingeschossige Baukörper mit Satteldach (seitlich ohne Überstand bündig mit der Wand) auf längsrechteckiger Grundfläche (erster Bauabschnitt: ca. 16 x 8 m, zweiter Bauabschnitt: ca. 13,5 x 8 m). Lediglich der Grundrisstyp des ersten Bauabschnitts 1934 variiert leicht das einfache Rechteck, in dem straßenseitig etwas vorgezogene Eckachsen ausgebildet sind, in denen Aborte und eine Abstellkammer untergebracht waren.

Die Häuser haben eine zeittypisch schlichte äußere Gestalt mit hell verputzten Wandflächen, deren Gliederung, abgesehen von vereinzelten Vor- und Rücksprüngen, lediglich durch die Verteilung der Öffnungen erfolgt. Die Dachgeschosse der Dreifamilienwohnhäuser des zweiten Bauabschnitts werden durch jeweils eine breite Dachgaube auf der Straßenseite belichtet; die Häuser von 1934 sind mit geschlossenen Dachflächen angelegt, die Belichtung der DG-Räume erfolgt hier durch die seitlichen Giebelfenster. Die Dächer sind mit Doppelmuldenziegeln gedeckt. Zahl und Verteilung der Öffnungen machen die innere Aufteilung und Wohneinheiten ablesbar.

Formal angepasst sind die für das Verständnis der Siedlung wichtigen Schuppen zwischen den Häusern 2c/4 - 14/16, außerdem bei Hausnummer 5 hinter dem Haus, die, in sich unterteilt, den angrenzenden Wohneinheiten zugeordnet waren. Die Schuppen stehen quer (d.h. giebelständig) zu den traufständigen Wohnhäusern und bewirken so insbesondere im ersten Bauabschnitt nördlich der Straße ein lebendiges, rhythmisiertes Bild in der Straßenansicht. Die gegenüberliegenden Wohnhäuser der beiden Straßenseiten sind außerdem jeweils versetzt zueinander angeordnet, was auch Hygiene und Belichtung zu Gute kommt.

Im Inneren sind die Häuser, ihrer Bestimmung gemäß, von einer kleinteiligen Raumaufteilung mit niedrigen Raumhöhen geprägt. Die einzelnen Wohnungen bestanden ursprünglich lediglich aus einer (Wohn-)Küche und einem Schlafzimmer, im ersten Bauabschnitt jeweils etwa 12 qm groß, im zweiten Bauschnitt mit ca. 13-15 qm etwas größer gehalten. Hinzukommen - teils von außen zugänglich - Aborträume und Kammern und jeweils eine Treppe in das (im ersten Bauabschnitt: teils) ausgebaute Dachgeschoss. Der Bereich der Toiletten ist mit einer Abortgrube unterfangen, ansonsten besitzen die Häuser keinen Keller.

Denkmalwert

Bedeutung für die Geschichte des Menschen
Als außerordentlich gut und anschaulich erhaltenes Dokument des Klein-und Notwohnungsbaus der frühen und mittleren 1930er Jahre in Deutschland ist die Siedlung Hammer Schanze in Viersen bedeutend für die Geschichte des Menschen.

Siedlungen wie die hier erhaltene wurden in schlichter Form, sparsamer Bauweise und mit geringen Wohngrößen und Standards errichtet zur Behebung der großen Wohnungsnot, die als Spätfolge von Industrialisierung und Weltkrieg und unmittelbare Folge der Weltwirtschaftskrise um 1930 verbreitet in Deutschland und auch im stark industrialisierten Viersen herrschte. Der Arbeiter-, Klein- und Massenwohnungsbau war generell ein zentrales Thema der modernen Architekturentwicklung im Zeitalter der Industrialisierung, verdichtet unter den o.a. Umständen der Weimarer Republik, als verschiedene Förder- und Bauprogramme (Heimstätten; Hauszinssteuer etc.) aufgelegt wurden, um die bereits existierenden Mittel (v.a. finanzielle Begünstigung gemeinnütziger Baugesellschaften bzw. Genossenschaften) zu unterstützen und zu ergänzen. Trotz allem wurde die Lage noch weiter dramatisiert durch die Weltwirtschaftskrise 1929/30 ff., als öffentliche Mittel nicht mehr im benötigten Umfang zur Verfügung standen und andererseits die wachsende Zahl von Arbeits- und Obdachlosen noch geringere Wohnungsgrößen und Standards erforderlich machten als in den bestehenden Programmen vorgesehen. Zu diesem Zweck gab es schon gegen Ende der Weimarer Republik verschiedene Notverordnungen und Finanzierungsprogramme mit der „vorstädtischen Kleinsiedlung“ einschließlich Nebenerwerbswirtschaft im Mittelpunkt, die in den 1930er Jahren unter nationalsozialistischen Vorzeichen adaptiert und fortgesetzt wurden.

Das für die Hammer Schanze konkret zugrundeliegende Programm datiert aus dem Sommer 1933 (Ausführungsbestimmungen durch Runderlass des Reichsarbeitsministeriums vom 28.08.1933) und hatte zum Ziel, „den Bau von Not- und Behelfsbauten zur Unterbringung obdachloser Familien in solchen Gemeinden zu fördern, die besonders unter Wohnungsknappheit zu leiden haben“ (Schmidt/Fischer 1933, siehe Anhang). Ausgegeben wurden zinsgünstige Reichsdarlehen mittels Landesbehörden an Gemeinden und Gemeindeverbände, welche die nötigen Voraussetzungen erfüllten. Zielgruppe waren insbesondere von Obdachlosigkeit bedrohte (kinderreiche) Familien, ausdrücklich nicht Personen, „die ihre Obdachlosigkeit durch Trunksucht, ungebührliches Verhalten, Liederlichkeit usw. selbst verschuldet haben“ (Schmidt/Fischer 1933, Seite 7). Hinsichtlich der Bauausführung waren die Vorgaben bewusst offengehalten: „Im Wesentlichen werden zwei Grenzen abgesteckt: einerseits muß die Förderung des Baues normaler Dauerwohnungen ausscheiden, da die Mittel hierfür nicht bestimmt sind, andererseits dürfen nicht Primitivbauten gefördert werden, die gesundheitlich nicht einwandfrei sind. Vor allem soll die Förderung leicht gebauter Baracken nicht in Betracht kommen (…)“. Das Beispiel der bis heute ohne entstellende Modernisierungen erhaltenen Hammer Schanze zeigt, dass die Bauten durchaus auf eine ausreichende Solidität ausgelegt sein konnten und Kosten primär bei sehr bescheidenen Wohnungsgrößen und mit der Einbeziehung von Selbsthilfe bei der Errichtung minimiert wurden. „Werden die Bauten unter Selbsthilfe der Obdachlosen auf gemeindeeigenem Gelände errichtet und liefert die Gemeinde Baumaterialien aus eigenen Beständen (…), so lassen sich die Baukosten auf ein erstaunlich niedriges Maß senken, ohne dass die Mindesterfordernisse, die an Not- und Behelfswohnungen zu stellen sind, verletzt werden.“ (Schmidt/Fischer 1933, Seite 7f.) Es wurden also ausdrücklich keine Bautypen, Wohnungsgrößen o.a. vorgegeben, sondern primär über die Höhe der Fördermittel (1000 RM pro Wohneinheit, bei 50 % Eigenanteil der Gemeinden also 2000 RM insgesamt pro Wohneinheit) eingewirkt.

Es ist bezeichnend für die allgemeine politische Entwicklung und Kleinwohnungs- und Siedlungswesen, dass im zweiten Bauabschnitt 1936/37 solche Wohnbauten aus naheliegenden politischen Gründen nicht mehr „Notwohnung“ genannt wurden; die nun als „Volkswohnung“ bezeichneten Bauten weisen aber als ursprünglich Dreifamilienhäuser ein vergleichbar geringes Format auf (s.o.); als Kosten waren hier laut Gemeinderatsprotokoll 3000 RM je Einheit angesetzt (die de facto leicht überschritten wurden).

Ein belastbarer Überblick darüber, wie viele solcher Siedlungen in Deutschland anfangs der 1930er Jahre entstanden sind, existiert nicht; es kann angesichts der Umstände aber davon ausgegangen werden, dass in den meisten größeren Städten auf Grundlage dieser Notprogramme Wohnungsbau betrieben wurde. Ein wesentlicher Grund für diesen mangelnden Überblick dürfte neben ihrer großen Zahl auch sein, dass viele dieser, zum Teil recht kleinen Siedlungen oder Wohnanlagen, wenn überhaupt, dann nur in stark verändertem Zustand überkommen sind. Der städtebauliche und bauliche Erhaltungszustand der Hammer Schanze ist vor diesem Hintergrund ganz besonders hervorzuheben.

Bedeutung für Viersen
Der öffentlich geförderte bzw. betriebene Arbeiter- und Kleinwohnungsbau ist ein bedeutender Teil der Viersener Stadt- und Baugeschichte im 20. Jahrhundert. Die Siedlung Hammer Schanze steht für einen besonderen Aspekt und Zeitabschnitt im Viersener Siedlungsbau.

Für Viersen eröffnete das Darlehensprogramm 1934 nach mehreren Jahren Stillstand erstmals wieder, in eigener Regie kommunalen „sozialen Wohnungsbau“ zu betreiben. Hier hatte die Stadt seit Mitte der 1920er Jahre erhebliche, auch überörtlich wahrgenommene Anstrengungen unternommen, die bis heute v.a. viele Bereiche des nordöstlichen und östlichen Stadtrandes prägen. Die Verwaltungsberichte jener Zeit dokumentieren die oftmals kleinteiligen, offensichtlich mühevollen Anstrengungen der Stadt, selbst bzw. im Verbund mit den hier tätigen gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften Wohnraum gerade im unteren Segment für Minderbemittelte und Bedürftige zu schaffen. Während z.B. im Rahser der hinsichtlich Form und Größe konventionelle Wohnungs- und Siedlungsbau von den 1910er bis in die 1950er Jahre hinein prägend ist, finden sich im Bereich Robend und Hamm auch bemerkenswerte Beispiele des Kleinst- und Notwohnungsbaus: Gewissermaßen ein Vorläufer der Hammer Schanze ist das umgangssprachlich vielsagend bezeichnete „Negerdorf“ am Donker Weg (1926/27), als ein späteres Beispiel einer Not-Siedlung sind die überregional bekannten Nothäuser an der Bachstraße aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg anzusprechen. Auch zwischen diesen beiden Polen, in den 1930er Jahren, fand auf Viersener Gebiet zeittypischer Siedlungsbau statt; die „Volkswohnungen“ der Hammer Schanze stehen hierfür ebenso wie die heute zu Neersen gehörende Siedlung Grenzweg an der kanalisierten Niers.

Der Charakter Viersens als relativ stark industrialisierter Ort in überwiegend ländlichem Umfeld hat in den 1920er/30er Jahren sicher entscheidend zur teilweise sehr angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt beigetragen, die dann dazu führte, dass mit der Vergabe von Reichsdarlehensmitteln für die Hammer Schanze die besondere Bedürftigkeit der Stadt in diesem Bereich „anerkannt“ wurde. So verzeichnet der Verwaltungsbericht der Stadt für das Jahr 1931: „Durch die ungünstige Wirtschaftslage ist die Zahlungsfähigkeit der Mieter erheblich zurückgegangen, so daß nur noch wenige Mieter beim Wohnungsamt vorgemerkt sind, die eine Monatsmiete von mehr als 35.- RM zahlen können. (…) Da die Neubautätigkeit vollständig ruht und billige Wohnungen nur in geringer Zahl verfügbar sind, hat sich die Zahl der Wohnungssuchenden gegen das Vorjahr nur um 14 verringert. Am Schlusse des Berichtsjahres sind noch 766 Wohnungssuchende vorgemerkt.“ (Verwaltungsbericht 1932, Seite 65). 535 hiervon suchten zudem 2- oder 3-Zimmerwohnungen.

Die Bemühungen der Stadt und die architektonische Leistungsfähigkeit des Stadtbauamtes in dieser Hinsicht fanden in der Durchführung des Projekts Hammer Schanze einen bis heute anschaulichen Niederschlag. Die Bedeutung spiegelt sich ferner in der (sicher von der Stadtverwaltung veranlassten) zeitgenössischen Berichterstattung der örtlichen Presse über die Siedlung 1934: „Wie groß die Wohnungsnot und vor allem der Mangel an Kleinwohnungen in Viersen ist, mag daraus ersehen werden, dass die Zahl der Familien, die in beschlagnahmten Wohnungen untergebracht sind, heute noch weit über hundert beträgt. Der Stadtrat beschloss daher Ende Dezember 1933 die Errichtung von 16 Behelfswohnungen, mit deren Bau nach Durchführung der zu leistenden Vorarbeiten und nach Gewährung des beantragten Reichsdarlehens Ende März dieses Jahres auf dem Gelände am früheren Hammerloch begonnen wurde.“ Nicht fehlen durfte 1934 auch die zeittypische Interpretation im Sinne einer Abgrenzung zur Demokratie der Weimarer Zeit: „Diese Gruppe von Kleinwohnungen an der Hammer Schanze ist ein bescheidener Anfang zu dem großen Ziel, den Arbeitsmenschen aus den dumpfigen [sic] Wohnungen der Mietskasernen und der überständigen und unzureichenden Althäuser herauszunehmen und ihm im kleinen Heim inmitten von Gärten und Grün die verlorene Verbindung mit dem heimatlichen Boden wiederzugeben.“ (Westdeutsche Zeitung 11.08.1934)

Am Rande vermerkt sei außerdem, dass der Name „Hammer Schanze“ der Siedlung (ebenso wie die Bezeichnung Hammerloch) seinerseits auf ältere ortsgeschichtliche Ereignisse zurückgeht (siehe dazu Tamm 2002) und im Sinne einer Traditionssetzung sicher bewusst an diese erinnert.

Wissenschaftliche, architektur- und sozialgeschichtliche Gründe für ein öffentliches Interesse an Erhaltung und Nutzung
Es handelt sich um ein äußerst seltenes und im Wesentlichen sehr gut erhaltenes Beispiel einer Notsiedlung von Beginn/Mitte der 1930er Jahre.

In aller Regel sind diese architektonisch schlichten, ortsgeschichtlich aber sehr bedeutenden Siedlungen allenfalls nur stark bis vollständig verändert erhalten. Selbst die umfangreiche Forschung zum weiter gefassten Thema „Kleinsiedlung in der Weltwirtschaftskrise“ hat regelmäßig stark veränderte Objekte zum Thema. Nach Kenntnis des ADR hat bislang auch keine Siedlung dieser Art und Zeitstellung im Rheinland Aufnahme in die Denkmalliste finden können. Es ist daher höchst bemerkenswert, dass die Siedlung Hammer Schanze in ihren vorstehend beschriebenen wesentlichen Merkmalen weitgehend authentisch erhalten ist. Sie besitzt daher große, über Viersen hinausreichende Bedeutung in architektur- und sozialgeschichtlicher Hinsicht, da hier die konkrete bauliche Ausprägung von auf Grundlage der reichsweit gültigen Vorgaben jener Zeit errichteten Not- und Behelfswohnungen für bedürftige, untere soziale Schichten anschaulich ist. Hierzu trägt auch die Tatsache bei, dass die Siedlung bis heute keine Verdichtung erfahren hat, so dass die zugehörigen Gartenland-Parzellen auch noch einen Eindruck ihres Selbstversorgungs-Charakters für die Siedler geben.

Stilistisch und konzeptionell handelt es sich um klassische Siedlungs-Doppel und Reihenhäuser, wie sie zwischen den 1920er und 1950er Jahren in unterschiedlichen Größen und Detailausprägungen üblich waren. Hinsichtlich der konkreten Grundrisse war das Viersener Stadtbauamt offenkundig in der Lage, eigene Entwürfe anzufertigen, die zwar auf überregionalen Vorbildern basiert haben mögen, aber soweit bekannt und aus den Bauakten ersichtlich keine 1:1-Übernahme von vorgegebenen Typen oder gar eine „Fremdvergabe“ an einen Bauträger darstellten. Bemerkenswert ist außerdem, dass laut zeitgenössischen Presseberichten 1934 die zunächst sehr kleinen Wohnungen auf eine spätere Zusammenlegung hin konzipiert waren.

Die Siedlung ist in hohem Maße geeignet, der wissenschaftlichen, sowohl architektur- als auch sozialgeschichtlichen Forschung auf diesem Gebiet (siehe Literaturverzeichnis) als Zeugnis und Quelle zu dienen.

Städtebauliche Gründe für ein öffentliches Interesse an Erhaltung und Nutzung
Die geschlossene städtebauliche Anlage der Siedlung besitzt bemerkenswerte städtebauliche Prägnanz. Hier ist zum einen auf die leicht „gebogene“ Grundform der Siedlung hinzuweisen, die primär topographischen Gegebenheiten folgt (Trasse der ehemaligen Kleinbahn), möglicherweise aber auch an den zeitgenössischen Idealen eines „landschaftsgebundenen“, nicht auf reißbrettartigen Rechtwinkligkeiten basierten Städtebaus orientiert ist – wie z.B. noch die Hofanlagen-Form des „Negerdorfs“ am Donker Weg. Von Bedeutung ist darüber hinaus die Binnenraumwirkung der Straße Hammer Schanze, gekennzeichnet durch die „kettenartige“, dabei durch den Wechsel Haus/Schuppen und den Versatz der jeweils einander gegenüberliegenden Bauten rhythmisierte Randbebauung, den abgeschlossenen angerartigen Charakter durch die ausschließliche Erschließung von Norden und die kleine Platzbildung vor Haus Hammer Schanze 11. Städtebaulich wirksam ist schließlich natürlich auch das weitgehend einheitliche Erscheinungsbild der Bauten selbst.

Lageplan/ Umfang des Denkmals
Gebäude und raumbildende Freiflächen/ Straße im vorstehend beschrieben Umfang. Auch die überwiegend rückwärtigen Garten-/Freiflächen sind von Bedeutung für den Erhalt der historischen Aussage, da Gärten zur Selbstversorgung der Siedler ein wesentlicher, integraler Teil des sozialpolitischen Hintergrunds der Siedlung sind. Substanziell ist hier kein Schutzgut vorhanden und auch die ehemalige Parzellierung nicht bekannt, so dass hier der Erhalt eines anschaulichen Freiraums zu den Häusern Erhaltungsziel sein muss. Nachfolgende vorläufige Kartierung ist an der heutigen Parzellenaufteilung orientiert.

Die Siedlung Hammer Schanze in Viersen ist ein Baudenkmal im Sinne des §2 Denkmalschutzgesetz. Sie ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Viersen. An ihrer Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, hier architektur- und sozialgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Quellen und Literatur
-     Ortstermin 19.11.2015
-     Materialsammlung Stadt Viersen, Untere Denkmalbehörde
-     Materialsammlung Verein für Heimatpflege Viersen
-     Denkmalinformationssystem BODEON im LVR-ADR
-     Friedrich Schmidt/ Joachim Fischer (Bearb.): Förderung des Baues von Not- und Behelfswohnungen. Eberswalde/Berlin 1933
-     Tilman Harlander, Katrin Hater, Franz Meiers: Siedeln in der Not. Umbruch von Wohnungspolitik und Siedlungsbau am Ende der Weimarer Republik (= Stadt Planung Geschichte Band 10), Hamburg 1988

-     Tilman Harlander: Zwischen Heimstätte und Wohnmaschine. Wohnungsbau und Wohnungspolitik in der Zeit des Nationalsozialismus (= Stadt Planung Geschichte Bd. 18), Basel u.a. 1995
-     Rheinisches Amt für Denkmalpflege (Hg.), Wohn- und Arbeitersiedlungen im Rheinland. Eine Zwischenbilanz aus denkmalpflegerischer Sicht (= Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege Nr. 67), Worms 2006
-     Horst Tamm: Die Hammer und die Rintger Schanze. In: Heimatbuch des Kreises Viersen 2002, Seite 70-76
-     Horst Tamm (Hg.): Robend – Geschichte in Bildern. Viersen 1996, Seite 32-38
-     Dericum: Siedlungswesen: In: Eugen Frielingsdorf (Bearb.): Viersen Dülken Süchteln (Deutsch-lands Städtebau), Berlin 1930, Seite 20-25.
-     Bericht über den Stand und die Verwaltung der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt Viersen [div. Jahrgänge 1926-32]

Stand
22.08.2016