Villa Franz Fuesers

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 397
Baujahr 1905
Eingetragen seit 06.09.2000
Flur / Flurstück 36/1437
Adresse
Lindenallee 5
Viersen

Beschreibung
Im Oktober 1905 beantragt der Bauunternehmer Franz Fuesers die Erlaubnis für ein Lagergebäude mit Büro auf seinem Grundstück an der damaligen Süchtelner Landstraße. Einen Monat später reicht er ein weiteres Baugesuch für ein Wohnhaus ein, welches davor, zur Seitenstraße "Lindenallee" hin gerichtet, gebaut wird.

Das Lagergebäude bzw. jene Bauten, die später mehrmals an seine Stelle traten, ist wegen der heute nicht mehr hinreichend aussagekräftigen Substanz nicht Teil des Denkmals. Seine trotzdem bemerkenswerte Geschichte wird abschließend gesondert geschildert.

Das Wohnhaus Lindenallee 5 ist eine zweigeschossige Villa mit einem Mansarddach, das nach vorn zur Straße und links zur Hofeinfahrt jeweils über eine zwerchhausartige Giebelfläche hinweg gezogen ist. Die von der Lindenallee aus linke Gebäudeecke wird durch einen Turmaufbau mit geschweifter Haube markiert, so dass insgesamt die seinerzeit übliche "malerische" Differenzierung eines in der Grundform einfachen Baukörpers erfolgt. Auf annähernd quadratischer Grundfläche erhebt sich der "herrschaftliche" Wohnteil. Ein rechteckiger Gebäudeteil auf der rechten Seite, nach hinten versetzt, beinhaltete (im Erdgeschoss) Küche und Waschküche, die auch vom Hof aus zugänglich waren. Vor ihm liegt der seitlich angeordnete Hauseingang.

Die Fassaden des Hauses sind über Sockel glatt verputzt. Unterschiedliche Fensterformate mit festen Teilungen beleben die Wandfläche; die Fenster im Erdgeschoss haben segmentbogige Stürze, die des Obergeschosses sind gerade geschlossen.

Durch die wohl originale Eingangstür gelangt man zunächst in ein kleines Vestibül. Der den Zuweg links begleitende eingeschossige Bauteil ist in einem Plan von 1941 noch als "Veranda" ausgewiesen.

Im Inneren sind der Grundriss vollständig sowie die wandfeste Ausstattung in großen Teilen noch erhalten, so dass der Raumeindruck der Bauzeit anschaulich erlebbar ist. Vom "Vorflur" aus erschließt eine zentrale Diele mit Marmorfußboden die vier Wohnräume des Erdgeschosses; seitlich nach hinten befindet sich zwischen Zimmer und dem Küchen-/Waschküchentrakt das Treppenhaus. Wände und Decke der Diele sind oberhalb einer farbig abgesetzten, etwa ein Meter hohen Sockelzone mit feiner geometrischer Stuckdekoration überzogen. Charakteristisch an den Stuckbändern der Wandfelder sind dabei u.a. die flechtwerkartigen Motive der oberen Ecken. Treppenhaus und Vestibül sind durch Rundbögen (mit aufstuckierten "Keilsteinen" und abstrahierten "Kapitellen") abgeschnürt. Türen (z.T. mit Glaseinsätzen) mit Gewänden aus der Bauzeit sowie Wandschränke sind erhalten. Die beiden großen seitlichen Wohnräume im Erdgeschoss sind durch eine breite Schiebetür miteinander verbunden. Die Treppe, gerade zweiläufig mit Wendepodest, ornamentierten Anfangspfosten und flachen Geländerbrettern stammt ebenfalls aus der Bauzeit. Das Obergeschoss ist im Prinzip ähnlich gestaltet, mit einem natürlich einfacher gehaltenen Flur (stuckierte Deckenkehle).
Die Fenster sind erneuert. Ein stattliches farbiges Jugendstil-Ornamentfenster wurde in der 1980er Jahren leider ausgebaut und für museale Zwecke abgeben.

Lagergebäude und Notkirchen:
1905 Errichtung eines Lagergebäude mit Büro als erste Bauten auf dem Grundstück (Bauherr und Planverfasser: Franz Fuesers)
1920 auf einem Plan zur Errichtung eines Portiershauses (Architekt: Alb. Rangette) fungiert die Fa. Beurschgens & Cie. als Bauherr
1928 Gründung der Herz-Jesu-Pfarre Dülken-Nord
1931 Errichtung einer Kirche durch Umbau der vom Baunternehmer Matthias Gorißen zur Verfügung gestellten Lagerhalle; Architekt: Rudolf Gormanns, Pfarrer: Hermann Kreyenberg
(Weihe 13. Dezember 1931)
24.2.1945 Zerstörung durch Bombenangriff
3.5.1945 Baugesuch von Pfarrer Friedrich Jansen zur Errichtung einer Notkirche im Keller der zerstörten Kirche (Entwurf: Bauingenieur Johannes Fricke); Bauschein 5.6.1945
Oktober/November 1945 nach allgemeinem Baustopperlass durch das Oberpräsidium der Rheinprovinz vom 4.9.1945 zwangsweise Einstellung der bereits begonnenen Bauarbeiten (weitere Mahnungen zur sofortigen Einstellung der dennoch fortgeführten Bauarbeiten im Mai 1946); Fertigstellung einer Notkirche im erhaltenen Kellerraum; Betondecke auf Stahl-Trägern und -Unterzügen (Weihe der "Krypta" mit einem Altar von Hein Minkenberg: 29. September 1949), die bis 1954 als Kirche diente (1953-54 Errichtung der neuen Herz-Jesu-Kirche)
1956 Errichtung eines neuen Lagergebäudes; Bauherr: Fa. Gregor Ferschoth G.m.b.H.; Architekt: Hans Rangette

Die Villa diente nach der Schenkung an die Herz-Jesu-Kirchengemeinde 1931 als Pfarrhaus.

Als Wohnhaus eines bekannten Unternehmers der ehemaligen Stadt Dülken und späteres Pfarrhaus der Herz-Jesu-Gemeinde von positivem straßenbildprägenden Charakter ist die Villa Lindenallee 5 bedeutend für Viersen. Zusätzliche Bedeutung verleiht der Örtlichkeit die Tatsache, das sich anstelle bzw. innerhalb der rückwärtigen Lagergebäude zweimal eine (Not-) Kirche der kath. Kirchengemeinde Herz-Jesu Dülken-Nord befand.

Da es sich um ein anschaulich erhaltenes Zeugnis von Architektur und Wohnwesen der Jahrhundertwende handelt, mit guten Ausstattungsdetails, die sich zu einem geschlossenen Raumeindruck fügen, besteht an der Erhaltung und Nutzung des Gebäudes ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, hier architekturgeschichtlichen Gründen. Hinzu kommen wegen des Zusammenhangs mit der Herz-Jesu-Kirchengemeinde ortsgeschichtliche Gründe. Es handelt sich daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.

Im Auftrag
Dr. Marco Kieser
30.03.2000