Villa Heinrich Sieben

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 485
Baujahr 1904
Eingetragen seit 04.12.2008
Flur / Flurstück 49/1141
Adresse
Siebenweg 75
41749 Viersen

Beschreibung
Das villenartige Wohnhaus Siebenweg 75 wurde 1904 nach Plänen von Josef Kuhlmann, Süchteln, für Heinrich Sieben an der Peripherie der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Johannisthal, die zwischen 1902 und 1905 erbaut wurde, an der Ecke Moersenstraße/ Siebenweg errichtet. Das Haus liegt etwas von den Straßen zurück auf einem über 2000 m² großen Grundstück.

Es handelt sich um ein zweigeschossiges traufständiges Gebäude auf im Wesentlichen rechteckigen Grundriss. Sowohl zur Moersenstraße als auch zum Siebenweg werden die linken Fassadenhälften risalitartig vorgezogen und enden oben jeweils in einem Zwerchhaus mit weit überstehendem Krüppelwalm und Sprengwerk. Das Backsteinsichtmauerwerk weist bis auf die Ostfront an den Fensterlaibungen und -stürzen abgerundete Formsteine aus dem gleichen Material auf. Unterhalb des Zwerchgiebels zum Siebenweg ist ein aufwendig gearbeitetes Ziermauerwerk zu finden. Die Dächer sind mit zeit- und architekturtypischen roten Doppelmuldenfalzziegeln eingedeckt.

Im Gegensatz zum Wohnhaus ist der Wirtschaftsflügel putzsichtig. Die Backsteinfassungen der Fenster sowie die Gliederung der Fassadenflächen durch Backsteingesimse in Fensterbank- und Oberlichthöhe sind augenfällig.

Der Hauseingang am Siebenweg ist über eine mehrstufige Treppenanlage zu erreichen. Er ist leicht eingenischt. Der in der Bauzeichnung von 1904 dargestellte verandaartige Vorbau scheint nicht ausgeführt worden zu sein. Das dreiflügelige Fenster im Treppenhaus, im Original erhalten, weist sowohl gesprosste Unter- als auch Oberlichter auf. Ebenfalls dreiflügelig sind die Erdgeschossfenster in den vorgezogenen Fassadenhälften. Drüber befinden sich jeweils zwei Fensterpaare im Ober- und im Dachgeschoss. Während im Zwerchgiebel zum Siebenweg das Fensterpaar im Dachgeschoss mit jeweils einem Rundbogen abschließt, ist das Fensterpaar im Zwerchgiebel zur Moersenstraße in einer Nische eingelassen. Sowohl die Fenster als auch die Nische sind mit scheitrechten Mauerwerksstürzen überspannt.

An der Südfront findet sich auf Oberlichthöhe ein rechteckiges Putzmedaillon. Ober- und unterhalb durch Blattwerk gerahmt ist die Jahreszahl der Errichtung „Anno 1904" zu lesen.

Im Innern betritt man zunächst einen kurzen, in die Hausmitte führenden Flur, von dem aus die Wohnräume einschließlich Küche sowie die rückwärtig zentral liegende Treppe erschlossen werden. Die Waschküche kann sowohl durch die Küche als auch gartenseitig, der dahinterliegende Stall nur gartenseitig betreten werden. Ornamentierte Bodenfliesen, Zimmertüren (Rahmenfüllungstüren mit zugehörigem Gewände), die Holztreppe (gerade zweiläufig mit Wendepodest; gedrechselte Geländerstäbe und großer Anfangspfosten) und der feine Deckenstuck (rechteckige Felder mit Eckschmuck und Rosetten; Bändelwerk und Blütenmotive in den Kehlen) vermitteln den ursprünglichen Raumeindruck. Deckenstuck findet sich auch in den Schlafräumen im Obergeschoss, dessen Grundrissanordnung bis auf den Einbau eines Badezimmers ebenfalls unverändert ist.

Der Bauherr Heinrich Sieben bewirtschafte den seit dem 16. Jahrhundert belegten Boscherhof. Dieser wurde als Guthofs in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Johannisthal integriert. Vermutlich aus dem Verkaufserlös errichtete Heinrich Sieben nahezu gegenüber seiner Hofanlage das stattliche Wohnhaus. Im 15. Jahrhundert ist die Wegeverbindung von der Innenstadt zum Boscherhof als Boscher Kirckpayde belegt. Zwischenzeitlich als Windberger Kirchpfad oder Kirchweg bezeichnet, wird er Anfang des 20. Jahrhunderts nach dem letzten Besitzer des Gutshofs Siebenweg benannt. Sein Ausbau zur Allee stammt aus der Bauzeit der Anstalt.

Die Errichtung der Villa fällt in den Zeitraum, in dem in direkter Nachbarschaft die Provinzial-Heil und Pflegeanstalt Johannisthal erbaut wird, deren Einzelbauten bezüglich der Architektur eine nahezu identische Formensprache zeigen. Die einzelnen Gebäude ähneln sich, variieren aber im Detail. Gemeinsam ist allen das Material des Backsteins, vereinzelte Putzflächen, sparsames Dekor, die Fensterformen, Vor- und Rücksprünge der Fassaden, Risalite mit unterschiedlichen Giebelformen und -zierelementen, reich ausgeprägte Dachlandschaften, zum Teil mit Schleppgauben und Veranden. Alle diese Gestaltungsmerkmale weist das Gebäude Siebenweg 75 auf, so dass es in der Wahrnehmung des Betrachters ohne Geschichts- und Ortskenntnisse als zur Klinik gehörend betrachtet werden könnte.

Das Wohnhaus Siebenweg 75 ist aufgrund seiner weitgehend original erhaltenen Substanz und Ausstattung ein bemerkenswert anschauliches Zeugnis von Architektur und Wohnkultur der Jahrhundertwende.

Das Gebäude ist daher bedeutend für Viersen. An der Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere orts- und architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es ist daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NRW ein Baudenkmal.

Literatur
Hans Maaßen, Marcus Ewers: „Die Süchtelner Honschaften zu Beginn des 19. Jahrhunderts", Viersen 2008

Karl Mackes, Marcus Ewers, Fred Pollmanns: „Die Süchtelner Straßennamen" in: Verein für Heimatpflege e.V. Viersen (Hrsg.): „Viersen - Beiträge zu einer Stadt", Band 31, Viersen 2006

Stand
FB 60/II Stadtentwicklung
-Untere Denkmalbehörde-
Viersen, den 10.10.2008