Villa Matthias Rossié

Baudenkmal Details
Listenart städtische Denkmäler
Listennummer 404
Baujahr 1888
Eingetragen seit 19.02.2001
Flur / Flurstück 95/114
Adresse
Düsseldorfer Straße 25
41749 Viersen

Beschreibung
Es handelt sich um eine stattliche zweigeschossige Villa in neubarocken Formen mit wahrscheinlich schon ursprünglich verschieferten Mansarddach, die in einem zugehörigen Gartengrundstück etwas abgerückt von der Düsseldorfer Straße liegt. Der im Prinzip rechteckige Grundriss ist auf der linken Seite durch den zurückliegenden Eingang und einen anschließenden eingeschossigen Wirtschaftsflügelanbau zweifach nach hinten gestuft. Das Gliederungsschema der Fassade ist über diese Bauteile hinweg gezogen, jedoch nur an den Ansichtsflächen zur Straße; Seiten und Gartenfront sind einfach gestaltet, letztere ist durch moderne Anbauten gestört.

Fünf regelmäßige Achsen hochrechteckiger Fenster gliedern den Hauptbaukörper; im Dachbereich betont ein Zwerchhaus mit einem Rundbogenfensterpaar die Mittelachse, flankiert von je einer Dachgaube in geschweiften neubarocken Formen. Das Erdgeschoss der Fassade besitzt einen kräftigen Bänderputz, das Obergeschoss ist hingegen durch eine wesentlich feinere Bänderung sowie schlanke Pilaster mit korinthischen Kapitellen zwischen den Fensterachsen ausgezeichnet. Beide Geschosse werden durch Geschossgesims und eine Balusterbrüstung getrennt. Während die Erdgeschossfenster, passend zur kräftigen Kontur des Putzes, lediglich durch Keilsteine geschmückt werden, erhielten die Obergeschossfenster geschweifte Verdachungen. Die noble Gliederung des Obergeschosses wird am Zwerchhaus wieder aufgenommen.

Der Hauseingang mit der wohl originalen zweiflügeligen Haustüre wird von einem nach zwei Seiten in Rundbögen, die auf Säulchen aufsitzen, geöffneten Vorbau überfangen, der gleichzeitig dem Obergeschoss als Austritt dient und dabei die Balusterbrüstung der Fensterzone des Hauptbaukörpers übernimmt. Einen Rundbogen tragende Wandpilaster auf Postamenten rahmen ebenfalls die Eingangstür. Durch sie gelangt man zunächst in ein Vestibül. Gegenüber der Tür befindet sich die stattlich originale Holztreppe, gerade gegenläufig, mit kunstvoll ausgearbeiteten Anfangspfosten und gedrechselten Geländerstäben. Zur Seite erschließt ein Mittelflur den ehemaligen Wohnungstrakt, dessen Raumaufteilung im Prinzip noch vorhanden bzw. erkennbar ist (Mittelflur mit Zimmern nach vorne und hinten). So ist auch der große, von dem zweihüftigen Flurschema abweichende salonartige Raum an der Stirnseite noch vorhanden. Der eingeschossige ehemalige Wirtschaftsflügel ist in der Nutzung zwar verändert, als Baukörper aber nach wie vor in charakteristischer Weise deutlich vom herrschaftlichen Wohnbereich geschieden.

Insbesondere im Treppenhausbereich sind alte Fenster mit Beschlägen erhalten. Auch entsprechende Rahmenfüllungstüren samt Gewänden, z.T. mit Glaseinsätzen sind noch vielfach vorhanden. Weitere charakteristische Raumausstattungen wie stuckierte Deckenprofile und Stuckdecken, kannellierte Eckpilaster oder profilierte Gurtbögen in den Fluren tragen zu einem insgesamt zwar nicht mehr vollständigen, dennoch aber immer noch stimmigen historischen Raumbild bei, welches ein anschauliches Zeugnis von der gehobenen Wohnkultur des ausgehenden 19. Jahrhunderts bietet.

Auf der Rückseite des Hauses befindet sich ein Garten mit einer möglicherweise noch aus der Bauzeit oder kurz danach stammenden Brunnenanlage. Andere gartenkünstlerische Gestaltungen sind nicht erkennbar. Die Einfriedung zur Straße ist nicht mehr original.

Die Düsseldorfer (früher Viersener) Straße ist die alte Landstraße von Süchteln nach Viersen. Das Gebäude Düsseldorfer Straße 25 spiegelt eine typische Erscheinung des Hinauswachsens der Städte über ihren mittelalterlichen Kern im 19. Jahrhundert wider, nämlich die Errichtung repräsentativer Wohnhäuser und Villen entlang von bedeutenden Ausfallstraßen. Verwiesen sei z.B. auf die fast benachbarte Villa Bong (Düsseldorfer Straße 19), wobei die Villa Düsseldorfer Straße 25 aufgrund ihrer straßennahen Lage das Straßenbild wesentlich mehr prägt.

Bauherr des Hauses war der Süchtelner Unternehmer Matthias Rossié (1840-1911). "M.A. Rossié wurde am 06.05.1840 als Sohn eines Goldarbeiters in Süchteln geboren. Im Laufe der einsetzenden Industrialisierung baute er, vielleicht unterstützt durch elterliches Vermögen, zusammen mit seinen Brüdern August, Thomas und Adolph 1864 eine zunächst kleine Samt- und Plüschweberei in der Hochstraße 16 auf. Bald jedoch folgt ein Ausbau dem anderen (Fabrikgelände am Heidweg) und die Größe des Unternehmens nahm ständig zu. Als ein Symbol des unternehmerischen Aufstiegs ist auch der Bau des Hauses in der Viersener Straße zu betrachten. (...). Das Unternehmen war so erfolgreich, dass sogar eine Zweigstelle in den USA (Mystic/Conn.) errichtet wurde (1897/98). (Ein weiterer Betrieb in Williamantic; etwa 1000 beschäftigte; Betriebe gingen in Folge des 1. Weltkrieges verloren.) Auf dem Höhepunkt der Unternehmensentwicklung, die durch den 1. Weltkrieg einen schweren Rückschlag erleiden sollte, starb M.A. Rossié am 05.03.1911 in seinem Haus an der Viersener Straße." (Auskunft des Stadtarchivs Viersen)

Rossié beauftragte für sein Haus nicht einen lokalen Baumeister, sondern den bekannten Mönchengladbacher Architekten Wilhelm Weigelt. Von Weigelt stammen in Mönchengladbach u.a. das Casino der Gesellschaft "Erholung" in der Abteistraße 11 und das 1880 neu errichtete Wohnhaus der Burg Zoppenbroich.

Als Zeugnis gehobenen bürgerlichen Wohnens in Süchteln um die Jahrhundertwende ist das Gebäude Düsseldorfer Straße 25, ehemals Villa Rossié, bedeutend für Viersen. Zusätzliche Bedeutung erhält es als Wohnhaus eines bedeutenden Unternehmers, eines Mitglieds der bekannten Textilunternehmerfamilie Rossié, und als Vertreter der repräsentativen Wohnbebauung entlang der Ausfallstraße aus dem mittelalterlichen Ortskern Süchtelns in Richtung Viersen. Da es in wesentlichen Zügen außen wie innen original erhalten ist, besteht an seiner Erhaltung und Nutzung als Zeugnis des Wohnungsbaus der Jahrhundertwende in einer außergewöhnlich qualitätvollen, neubarocken Formensprache ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und ortsgeschichtlichen Gründen. Im Zusammenhang der Düsseldorfer Straße, die in der Nachbarschaft durch vergleichbare freistehende (villenförmige oder -ähnliche) Bauten geprägt ist (Düsseldorfer Straße 10, 16, 17, 19), besteht an der Erhaltung und Nutzung ferner auch aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Teil des städtebaulichen Wertes ist die für den Bautyp "Villa" charakteristische freie Lage in einem angemessen großen Gartengrundstück. Da somit die Vorgaben des § 2 Denkmalschutzgesetz NW erfüllt sind, handelt es sich bei dem Gebäude Düsseldorfer Straße 25 in Viersen-Süchteln um ein Baudenkmal.

Im Auftrag
Dr. Marco Kieser
15.05.2000