Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 513 |
Baujahr | 1930 |
Eingetragen seit | 23.07.2014 |
Flur / Flurstück | 101 /244 |
Adresse |
Geschwister-Scholl-Straße 13
41747 Viersen |
Beschreibung
Das Haus Geschwister-Scholl-Straße 13 (ehemals Grüner Weg 15) ist ein 1930 errichtetes innerstädtisches Wohnhaus, zweigeschossig, zweiachsig, traufständig in eine Reihe eingebaut. Über der linken Achse ist ein kastenförmiges Zwerchhaus vor dem Satteldach angeordnet. Die Fassade besteht aus glatten Klinkern mit leicht hervortretenden horizontalen Fugen, die ein feines Linienbild ergeben. Die Gewände der rechteckigen Öffnungen sind mit hellem Kunststein kräftig profiliert; der Eingang ist in der rechten Achse angeordnet, darüber ein hochrechteckiges zweiflügliges Fenster. Die linke Achse mit den Wohnräumen ist breiter angelegt, mit liegenden, dreiteiligen Fensterformaten (im Erdgeschoss ist eine ausstellbare Markise erhalten). Besonderes Kennzeichen der Fassade ist die kräftige Bänderung des Sockelgeschosses mit kleinformatigen, dunklen Klinkern, die auch als Gewände um die Tür samt eingezogenem Oberlicht herumgezogen ist. Links am Sockel außerdem ein großes weißes „H“, wohl aus dem Zweiten Weltkrieg, als im Rahmen des Luftschutzes mit solchen Kennzeichen ein nahe gelegener Hydrant gekennzeichnet wurde.
Bemerkenswert ist die originale Haustür aus Holz mit dekorativer Gitterung des mittigen Fensters sowie einem integrierten, senkrecht gestellten Briefkasten. Hinter dem ebenerdigen Eingang folgt zunächst ein kleines Vestibül mit Aufgang in das etwas höher gelegene Erdgeschoss, Boden und Stufen sind dort mit Marmor verkleidet.
Unmittelbar hinter der Eingangstür befindet sich ein Treppenabgang, der außer als Kellerzugang auch als Durchgang für das Personal durch das Sockelgeschoss direkt zur rückwärtig gelegenen Küche dient.
Der Grundriss der Wohnräume ist der kleinen Grundfläche gemäß kompakt und funktional gehalten. Die originale Holztreppe ist ohne Absatz nach oben gewendelt, das herkömmliche Motiv der Geländerstäbe ist abstrahiert abgewandelt in Form von versetzt zueinander angeordneten Doppelbrettchen mit einer zusätzlichen mittleren Horizontalleiste.
Im Erdgeschoss finden sich links zwei Zimmer (Empfangs- und Wohnzimmer), mit breitem Durchgang verbunden. Das dreiteilige Fenster zum Garten wurde 1937 anstelle zweier kleiner Einzelfenster eingebaut. Rechts hinter dem Treppenhaus liegt die Küche, zum Wohnzimmer mit einer Durchreiche versehen.
Zur Diele hin sind die Zimmer mit Fenstertüren mit zeittypischer horizontaler Sprossung versehen, erhalten sind auch einfache Rahmenfüllungstüren an den anderen Zimmern.
Begründung des Denkmalwerts
Bedeutung für Viersen
Es handelt sich um das Wohnhaus eines örtlich vielfältig bekannten Unternehmens. Errichtet wurde es 1930 nach einem Entwurf des Architekten Willy Esser offiziell für die Viersener Aktienbaugesellschaft als Bauherr (ein Umbau 1937 wurde durch das Baubüro der Firma Kaiser's Kaffee durchgeführt). Langjähriger Bewohner war Walter Didden, „Betriebsleiter“ (Direktor) bei „Kaiser’s Kaffee“ und darüber hinaus Neffe von Kommerzienrat Josef Kaiser und eine bekannte Person des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens in Viersen. Sein Tod durch einen Verkehrsunfall 1962 wurde in der Ortspresse gemeldet. Eine Chronik zum Viersener Karneval in den 1930er Jahren, dass Didden als Karnevalsprinz „eine geschickte Wahl als Mittelsmann zwischen Partei, Industrie und Stadt“ war. Die bei der Errichtung seines Wohnhauses beteiligten Bauherren und Planer belegen auch diese seinerzeit für die Entwicklung Viersens nicht untypischen und einflussreichen Verflechtungen.
Wissenschaftliche (architekturgeschichtliche) Gründe für ein öffentliches Interesse an Erhaltung und Nutzung
Von architekturgeschichtlichem Interesse ist das Haus in erster Linie, weil es den älteren Typus eines gründerzeitlichen städtischen Reihenwohnhauses in zeittypischer moderner Formensprache tradiert. Im Gegensatz zur historistischen Schmuckfassade findet sich hier ein sachliches, ornamentloses Äußeres, das seine Gestaltqualitäten primär durch die Proportionierung des Verhältnisses Wand/Öffnungen und die herausgestellten Materialqualitäten des Backsteins/Klinkers einschließlich der charakteristischen Verfugung bezieht. Hinzu kommt die Ende der 1920er Jahre in der „Backsteinmoderne“ des Rhein-Ruhr-Raumes ebenfalls zeittypische „Extravaganz“ an Formen, hier der auffallenden Sockelbetonung, die zusätzlich um den Eingang herum nach oben gezogen ist und – im Rahmen des bescheidenen Umfangs des Baues - eine Idee „expressionistischer“ Motive vermittelt. Die zeitgemäße Tradierung und Weiterentwicklung älterer Grundanlagen setzt sich im Inneren fort, mit dem kompakten zweckmäßigen Grundriss, u.a. mit den beiden durch einen breiten Durchgang verbundenen Wohn-/Herrenzimmern im Erdgeschoss, der nur in den Stäben des Geländers ihre Bauzeit zeigenden Holztreppe und dem ebenso durchdachten wie originellen Personalzugang vom Eingang via Keller direkt in die Küche.
Von architekturgeschichtlichem Interesse ist das Haus auch als Werk eines bedeutenden Architekten, den in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sicher wichtigsten Viersener Architekten Willy Esser, von dem eine Vielzahl qualitätvoller öffentlicher und privater Gebäude in Viersen und Umgebung stammen, z.B. sein eigenes Wohnhaus Carl-von-Ossietzky-Straße 2, die Hammer Grundschule, das Evangelische Gemeindehaus Königsallee, die Rathauserweiterung Dülken usw. Weit über Viersen hinaus galt Esser außerdem als Spezialist für Stadt-/Hallenbäder – nach seinem Entwurf entstanden u.a. die Bäder in Viersen, Dülken, Uerdingen, Rheydt und Burscheid.
Städtebauliche Gründe für ein öffentliches Interesse an Erhaltung und Nutzung
Das Haus ist essenzieller Bestandteil einer in diesem Bereich noch dicht erhaltenen, regelmäßigen Blockrandbebauung, die in dem beiderseits der Hauptstraße anschließenden, regelmäßigen Straßenraster anzutreffen ist und ein anschauliches Bild der Umsetzung des Viersener Stadtbauplanes von 1860 bietet, der die Grundlage für die Entwicklung der Viersener Innenstadt darstellte. Das Haus selbst gehört zwar nicht mehr der kaiserzeitlichen Phase dieser Stadtentwicklung an, veranschaulicht dafür aber das Fortwirken dieser Planung über politische Zeitenwechsel hinweg und, wie geschildert, auch die zeitgemäße Weiterentwicklung des für solche Wohnstraßen typischen Reihenwohnhauses, wie es sich Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts nicht zuletzt im Zuge solcher Stadterweiterungen herausgebildet hatte.
Quellen und Literatur
Bauakte der Stadt Viersen.
Bild- und Zeitungsarchiv Stadt Viersen.
Werner Mellen: Der Viersener Stadtbauplan von 1860. In: Heimatbuch des Kreises Viersen 1979, Seite 13-24.
Viersen. Beiträge zu einer Stadt 5. Hrsg. v. Verein f. Heimatpflege, Viersen 1983.
Auf dem Wege zur Stadt. Viersen im 19. Jahrhundert. Verein für Heimatpflege Viersen / Kulturamt der Stadt Viersen, Begleithefte zur Ausstellung 1983.
Stand
15.04.2014