Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 494 |
Baujahr | 1887 |
Eingetragen seit | 05.01.2010 |
Flur / Flurstück | 63/316 |
Adresse |
Lange Straße 89
41751 Viersen |
Beschreibung
Das Wohnhaus wurde 1887 von dem Dülkener Druckereibesitzer Michael Schmitz auf dem Keller eines Vorgängerbaus an der Lange Straße errichtet. Das Gebäude ist mit seinem Walmdach als Eckgebäude ausgebildet. Die vorhandene Gasse in das Grundstücksinnere ist bereits 1825 belegt.
Es handelt sich um ein schmales zweigeschossiges Gebäude mit einem Mezzanin, das linksseitig an die Häuserzeile straßenbündig anschließt. Rechtsseitig steht es frei. Mit einer Baubreite von 4,80 m, einer Bautiefe von 11,30 m und einer Traufhöhe von 8,00 m ist es in der geschlossenen Bauzeile der Lange Straße einzigartig und spiegelt den historischen Stadtgrundriss als ein Beispiel in seiner Vielfalt verschiedener Bauformen und –größen wider.
Die straßenseitige Fassade ist im Erdgeschoss aufwendig verputzt. In der Wandfläche aus Quaderputz sind insbesondere die Pilaster als Rahmungen der beiden Fenster augenfällig. Dabei wird der mittlere durch barocke Dekorationen wie Rocaille, Girlanden, Diamantquader und Voluten besonders hervorgehoben. Unterhalb des Fensterbankgesimses werden die Pilaster durch Spiralen und Kanneluren fortgesetzt. Die Zwischenräume sind durch Diamantquader gefüllt. Über den Fenstern befindet sich ein schmales, kräftig profiliertes Putzfeld, in dem sich ehemals womöglich ein Schriftzug befand. Rechts und links daneben schließt ein Mäander-Fries in der Form des Laufenden Hundes an. Der Hauseingang ist architraviert, die Haustür ist weiter innenliegend eingebaut. Den Abschluss findet das Erdgeschoss zum Obergeschoss durch ein mehrfach profiliertes Gesims, das im Bereich der Fenster leicht hervorspringt.
Das Obergeschoss wird durch zweifarbiges Sichtmauerwerk strukturiert. Nach vier Schichten roten Backsteinen ist eine zurückliegende Schicht gelbe Backsteine vermauert. Eine so aufwendige Vermauerung zeugt für eine bewusste Gestaltungsabsicht. Jeweils zwei übereinandergeordnete Fenster im Obergeschoss und Mezzanin gliedern die Fassade vertikal. Die hochrechteckigen Fenster des Obergeschosses waren ursprünglich zweiflügelig mit Oberlicht. Das aufstehende Mauerwerk findet seinen Abschluss in einem Klötzchenfries.
Die Fassaden der freistehenden Längsseite und der Rückseite sind aus rotem Backstein ausgeführt und weisen keinerlei Dekorationen auf. In der Fassade der Längsseite ist jeweils ein Fenster pro Geschoss übereinander angeordnet. Rückwärtig ist im Erdgeschoss ein Zugang zu einem später errichteten Anbau vorhanden. Daneben befindet sich ein Fenster. Das Obergschoss wird wie straßenseitig durch zwei Fenster gegliedert. Das Mezzanin weist dagegen nur ein Fenster auf. Der straßenseitige Klötzchenfries wird rund um das Gebäude geführt und schließt das Backsteinmauerwerk zum Walmdach hin ab.
Das Gebäude ist im Innern nahezu unverändert erhalten geblieben. Der Keller weist im vorderen Bereich ein Tonnengewölbe und einen Natursteinboden auf. Die ersten beiden Steinschichten werden durch großformatige Natursteine gebildet. Aus der baulichen Ausführung des Kellers lässt sich schließen, dass dieser wesentlich älter als das 1886 errichtete Wohnhaus ist.
Im Innern betritt man einen langen, 1,00 m breiten Flur, der bis zur Treppe am hinteren Hausende führt. Rechts werden zwei gleich breite Wohnräume, die unterander verbunden sind, jeweils durch eine Tür erschlossen. Im hinteren Bereich befindet sich, bedingt durch die Treppe ein schmalerer Raum als Küche. Im Obergeschoss sind ebenfalls drei Wohnräume, wobei das vordere die die gesamte Hausbreite einnimmt. Das Mezzanin weist ebenfalls Wohnräume auf.
Neben der Grundrissstruktur sind nahezu sämtliche baufeste Ausstattungsstücke im Original vorzufinden. Die ornamentierten Bodenfliesen im Flur des Erdgeschosses, die Zimmertüren als Rahmenfüllungstüren mit zugehörigem Gewände, die Holztreppe - gerade zweiläufig mit Wendepodest, gedrechselten Geländerstäben und großem Anfangspfosten -, die profilierten Innenklappläden und der Deckenstuck als Mittelrosetten mit Blütenmotiven und Hohlkehlen vermitteln den ursprünglichen Raumeindruck. Ebenso ist das Traggerüst des Dachstuhls aus der Erbauungszeit.
Der Bauherr Michal Schmitz, 1823 in Holzheim bei Neuss geboren, erlernte den Beruf des Buch- und Steindruckers. Nach einer Anstellung in einer lithographischen Anstalt in Kempen, gründete er 1854 in Dülken seine eigene lithographische Antstalt an der Lange Straße. 1879 gliederte er eine Buchdruckerei an. Drei Söhne von acht Kindern waren zunächst im väterlichen Betrieb tätig. Nach dem Tod des Vaters Silvester 1901 übernahm Conrad Schmitz die kaufmännische Leitung des Unternehmens. Sein Bruder Johann arbeitete bis zu seiner eigenen Firmengründung in Viersen als Lithograph im väterlichen Betrieb. Der Bruder Josef Schmitz war hauptsächlich im Außendienst und als technischer Leiter tätig. Die Druckerei und Papierverarbeitung M. Schmitz in Dülken blieb bis ins Jahr 2008 im Familienbesitz.
Das Wohnhaus Lange Straße 89 ist aufgrund seiner weitgehend original erhaltenen Substanz und Ausstattung ein bemerkenswert anschauliches Zeugnis von Architektur und Wohnkultur der Jahrhundertwende. Zudem ist es als ein Beispiel für die Vielfalt von Gebäudetypen und Bauformen des historischen Stadtgrundrisses Dülkens. Als „Point de Vue“ der Augustastraße springt es dem Betrachter dabei besonders ins Auge.
Das Gebäude ist daher bedeutend für Viersen. An der Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere orts- und architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es ist daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NRW ein Baudenkmal.
Quellen
Akte Lange Straße 8
FB 60/II, Bauarchiv der Stadt Viersen
Urkataster aus dem Jahr 1812, Flurkarte V „Dülken“, Beiblatt aus dem Jahr 1825
Literatur
Festschrift „100 Jahre M. Schmitz Dülken Duckerei und Papierverarbeitung“, Dülken 1954
Stand
FB 60/II Stadtentwicklung
-Untere Denkmalbehörde-
Viersen, den 09.10.2009