Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 419 |
Baujahr | 1885 |
Eingetragen seit | 18.07.2001 |
Flur / Flurstück | 68/24 |
Adresse |
Viersener Straße 28
41751 Viersen |
Beschreibung
Das Doppelhaus Viersener Straße 28 und 30 wurde 1885 durch den Baugewerksmeister Joh. Jos. Gormanns nach eigenem Entwurf errichtet.
Auf dem rückwärtigen Grundstück unterhielt die Bauunternehmung Schuppen und Werkgebäude; 1920 wurde im rechten Hausteil Viersener Straße 28 ein Laden eingebaut, der in den 1990er Jahren wieder in alten Formen zurückgebaut wurde.
Das Gebäude Viersener Straße 28 ist die rechte Hälfte des eingebauten Doppelhauses, dreigeschossig traufenständig mit drei der insgesamt sechs Fensterachsen. Durch verschiedenfarbige Ziegel sowie diverse Flächengliederungen und Zierformen zeigt sich die Backsteinfassade relativ stark reliefiert und aufwändig dekoriert.
Grundprinzip der Fassadengliederung ist die Reihung pilasterartiger Lisenen. Die Segmentbogenöffnungen der hochrechteckigen Türen und Fenster sowie deren Brüstungs- und Sturzflächen treten hinter die Pilaster zurück und wirken daher wie "zwischengespannt". Während das Erdgeschoss von den beiden darüber liegenden Geschossen durch ein Gesims getrennt wird, reichen die Lisenen darüber in der Art einer Kolossalordnung über zwei Geschosse und binden so erstes und zweites Obergeschoss optisch zusammen. Auch die Binnenflächen der Lisenen sowie der Brüstungen sind durch Vor- und Rücksprünge in der Backsteinmauerung sowie durch Farbwechsel (gelbe Ziegel in braunroter Grundfläche) differenziert, wobei in den Kapitellformsteinen der Erdgeschosslisenen sowie den Brüstungszonen des Erdgeschosses z.T. stilisierte Rosettenmotive verwendet werden (letztere nur im linken Hausteil Viersener Straße 30 erhalten). Die Traufzone oberhalb der niedrigeren Fenster des zweiten Obergeschosses wird durch ein Konsolfries akzentuiert; zwischen die volutenförmigen Konsolsteine sind wieder Formsteine mit geometrischem Ornament angebracht.
Die Fenster sind in Anlehnung an alte Formen (T-Teilung) erneuert. Der Eingang mit alter zweiflügeliger Haustür und Oberlicht befindet sich, über einer Stufe erhöht, in der linken Achse der Haushälfte und bildet so mit seinem unmittelbar anschließenden Pendant der Viersener Straße 30 eine leichte Mittenbetonung des ansonsten seriell gereihten Fassadenschemas aus.
Im Innern des Gebäudes sind wesentliche Raumausstattungsdetails erhalten. Hierzu zählen der Grundriss mit seitlichem Eingangsflur, der nach hinten zu Treppenhaus und Hinterausgang führt, Fliesenboden mit blau-weißem Quadratmuster, Stuckdecken mit Voluten und Mittelrosette in Flur und vorderem EG-Zimmer, Rahmen-Füllungstüren und die originale Holztreppe, gerade zweiläufig mit Wendepodest, gedrechselten Geländerstäben und kandelaberartig ausgestaltetem Anfangspfosten.
Das Haus ist vollunterkellert; die Kellerdecke ist als Kappendecke ausgebildet. Die rückwärtigen Nebengebäude von 1894 wurden jüngst wegen Baufälligkeit beseitigt.
Das Doppelwohnhaus Viersener Straße 28/30 ist, zusammen mit dem benachbarten Baudenkmal Viersener Straße 26 aus 1901, ein Blickfang an der Viersener Straße in Dülken. Während letzteres eine für sein Baujahr typische Putzfassade mit historisierendem Stuckdekor zeigt, ist die etwa fünfzehn Jahre ältere Backsteinfassade von Viersener Straße 28/30 noch spätklassizistisch verwurzelt. Die Gliederung der Fläche ist primär aus tektonischen Elementen des Tragens und Lastens (Lisenen und Gesimse) heraus entwickelt. Darüber hinaus wirkt die serielle Reihung der Lisenen mit den zurückliegenden "dazwischen gespannten" Fenstern und Wand-Restflächen, die theoretisch unendlich fortgesetzt denkbar ist, beinah wie eine Skelettkonstruktion. Das Dekor schließlich ist aus den Eigenschaften des Mauerziegels selbst abgeleitet, ergänzt um einige wenige Formsteine, und unterscheidet sich mit seinen geometrischen Stilisierungen von den direkten Stilzitaten des Historismus. Der Typus ist für Dülken sehr ungewöhnlich und mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den gehobenen Sachverstand des Bauherrn zurückzuführen.
Als Wohnhaus des bekannten Bauunternehmers Gormanns und wegen seiner auffälligen, qualitätvollen Gestaltung ist das Haus Viersener Straße 28 (Teil des Doppelhauses Viersener Straße 28/30) bedeutend für Viersen. Als bis in das Innere substanziell anschaulich erhaltenes Wohnhaus des späten neunzehnten Jahrhunderts besteht an seiner Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Wegen seiner prominenten Lage an einer der Hauptstraßen Dülkens, eingebaut in eine straßenraumprägende Reihe und unmittelbar anschließend an das Baudenkmal Viersener Straße 26 kommen städtebauliche Gründe hinzu. Es handelt sich daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NRW um ein Baudenkmal.
Im Auftrag
Dr. Marco Kieser
27.03.2001