Listenart | städtische Denkmäler |
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Listennummer | 497 |
Baujahr | Mitte 19. Jahrhundert |
Eingetragen seit | 23.12.2010 |
Flur / Flurstück | 15/ 174 |
Adresse |
Nettetaler Straße 147
41751 Viersen |
Beschreibung
Das Wohnhaus Nettetaler Straße 147 ist eines jener typischen zweigeschossigen Backsteinhäuser aus dem 19. Jahrhundert, die das Ortsbild von Boisheim wegen ihrer großen Zahl vor allem an der Nettetaler Straße und der Raiffeisenstraße heute noch prägen. Ein genaues Baudatum und andere konkrete Angaben zur Entstehungsgeschichte sind derzeit unbekannt; es ist jedoch recht exakt in der städtebaulichen Geschichte des Dorfes zu verorten und als solches auch selbst ein Dokument für diese Entwicklung.
Das Haus befindet sich an einer erst seit dem Chausseebau der 1840er Jahre baulich entwickelten Stelle nördlich des ursprünglichen Ortskerns. Demnach, und ausweislich der zeitgenössischen Kartenwerke, dürfte seine Entstehungszeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts anzusiedeln sein.
Es handelt sich um ein freistehendes zweigeschossiges Backsteinhaus, traufständig mit Satteldach direkt an der Straße gelegen. Die Front wird als Lochfassade lediglich von den vier regelmäßigen Fensterachsen gegliedert; der Hauseingang befindet sich an der linken Giebelseite. Die Fensteröffnungen sind stichbogig gemauert, mit jeweils einem flach vorstehenden Bogen als angedeuteten Verdachungen. Beide Giebelseiten sind nur geringfügig durchfenstert, wobei in erster Linie der firstparallele Mittelflur ablesbar ist. Die Rückseite des Hauses ist ganz ähnlich gehalten, backsteinsichtig mit einfach eingeschnittenen drei Fensterachsen; allerdings verläuft hier unterhalb der Traufe zusätzlich ein kleiner Klötzchenfries.
Der Eingang an der linken Giebelseite, ebenfalls stichbogig mit profiliertem Gewände, mit einer schmalen flachen Verdachung wie die Fenster der Fassade, besitzt noch eine alte hölzerne Haustür, über der oberhalb eines Kämpfers ein ornamental gesprosstes Oberlicht sitzt.
Im Inneren ist vor allem der seltene Blausteinboden des Hausflurs bemerkenswert. Am Ende des Flurs (rechte Giebelwand) befindet sich die hölzerne Haustreppe mit Kandelaber-Anfangspfosten, die relativ steil einmal in der Richtung gedreht in das Obergeschoss führt. Der Grundriss der Zimmeranordnung dürfte insgesamt weitgehend noch original sein. Teilweise ist Stuckzier an den Decken erhalten (Mittelrosette, Kehlprofil), ebenso eine Zimmertür und innen liegende Fensterläden.
Das Haus ist nur im hinteren Bereich unterkellert.
Die Grundstückseinfahrt zur Straße hin wird durch flache Wandpfeiler sowie ein metallenes Ziergittertor gebildet.
Das Gebäude Nettetaler Straße 147 innerhalb der städtebaulichen Entwicklung von Boisheim
Bis zum eingangs erwähnten Chausseebau der 1840er Jahre war die alte West-Ost-Wegeverbindung die Hauptstraße des Ortes gewesen, entlang derer sich die meiste Bebauung befand. In der Tranchot-Karte (Anfang 19. Jahrhundert) wird dieser überörtliche Weg als "Route de Ruremonde a Duesseldorf" bezeichnet; sein Verlauf ist heute noch in der Folge von Brüggener Straße - An St. Peter – Kapellenstraße und Pütterhöfer Weg enthalten. Bei den Pütterhöfen kreuzte diesen Weg die „Grand Chemin de Venlo a Dülken“. Weitere nennenswerte Wege, die aus dem Ortskern heraus führten, waren zwei entlang der Nette nach Dülken, der eine entlang der Bruchkante (Nettetaler Straße), der zweite etwas oberhalb (Wilhelmshöhe), ferner der Weg nach Lind und die nach Norden in Richtung Breyell / Lobberich führende „Buscher Strass“ (Tranchot), deren Trasse später in der zum Bahnhof führenden Raiffeisenstraße sowie im Alt-Breyeller Weg aufging.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieses Wegenetz tief greifend verändert. In den 1840er Jahren erfolgte zunächst der Ausbau der Nord-Süd-Chaussee als Teil der Köln-Venloer Bezirksstraße, die als Nettetaler Straße Boisheim bis heute prägt. Nach Norden verläuft diese Straße auf neuer Trasse. Als vorläufigen Abschluss dieses Verkehrswege-Ausbaus erhielt Boisheim 1866 einen Haltepunkt an der neu eröffneten Bahnlinie Mönchengladbach-Venlo. Als Weg aus der Ortsmitte zum Bahnhof wurde die alte „Buscher Strass“ ausgebaut.
Sowohl das ältere als auch das im 19. Jahrhundert entstandene Wegenetz sind in Boisheim ablesbar erhalten. Die Zeitstellung der Straßen und Wege wird für den Betrachter an der in großer Dichte noch vorhandenen historischen Bebauung ablesbar. Dabei ist das Wohnhaus Nettetaler Straße 147 ein integraler Teil von für Boisheim besonders charakteristischen Gebäuden bzw. städtebaulichen Situationen, die in einer Denkmalerfassung des Landeskonservators bereits 1977 wie folgt beschrieben wurde" "Der Ort hat in seinem Kern eine einheitliche Bebauung bewahrt; ein-, meist zweigeschossige Backsteinhäuser säumen die Hauptstraße, heute Nettetaler Straße genannt, und die wenigen von ihr abzweigenden Nebenstraßen. Dabei wechseln Bauernhäuser mit seitlicher Tordurchfahrt und zugehörigen Ökonomiegebäuden rückwärts mit Wohnhäusern und den für die hiesige Gegend typischen Weberhäusern miteinander ab. Auffällig sind viele gute Haustüren aus den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts; es muss sich damals im Ort eine gute Schreinerwerkstatt befunden haben." (Heimatbuch des Kreises Viersen 1977, Seite 85).
Heute noch ist innerhalb des Ortskerns von Boisheim eine große Zahl im 18. und 19. Jahrhundert entstandener Wohn- und Wirtschaftsgebäude erhalten, die trotz der im Einzelnen erfolgten Veränderungen insgesamt ein dichtes, historisch geprägtes Ensemble ergeben. Meist backsteinsichtig, stehen die Häuser ohne Vorgarten direkt an der Straße. Die jüngeren Häuser ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts sind meist frei stehend errichtet worden, während bei älteren Gebäuden keine oder nur schmale Brandgassen existieren. Häufig begegnet der traufständige zweigeschossige Haustyp mit Satteldach aus der Mitte des 19. Jahrhunderts (z.B. Nettetaler Straße 136, 138, 140, 142, 144; Nr. 147, 149, 151, 153, Raiffeisenstraße 2, 8, 18, 20 sowie 15).
Als charakteristischer Bestandteil einer ortsbildprägenden historischen Häusergruppe ist das Wohnhaus Nettetaler Straße 147 bedeutend für Boisheim, Stadt Viersen. Wegen seiner außen und innen anschaulichen Erhaltung mit den genannten baulichen Details liegen Erhaltung und Nutzung des Gebäudes aus wissenschaftlichen, hier architekturgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen im öffentlichen Interesse. Die Voraussetzungen des § 2 Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen für die Einstufung als Baudenkmal sind daher erfüllt.
Quellen
Materialsammlung Boisheim im Archiv des Verfassers, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland.
Denkmälerdatenbank im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland.
Im Auftrag
Dr. Marco Kieser
Wissenschaftlicher Referent
Landschaftsverband Rheinland/ Amt für Denkmalpflege im Rheinland