(seit 15.9.1970 Heinz-Luhnen-Straße)
(seit 9.12.1889 Victoriastraße)
(seit 11.9.1917 Hindenburgstraße)
Die von Süden nach Norden verlaufende Straße beginnt an der Viersener Straße, quert die Friedrichstraße und endet vor dem Bahnhofsgebäude im Norden.
Die Heinz-Luhnen-Straße entstand mit dem Ausgreifen der Dülkener Wohngebiete nach Norden. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Bereich zwischen Viersener Straße und der Eisenbahntrasse durch immer neue Straßenzüge erschlossen, an denen Wohnbebauung entstand. Als Verbindung zum 1866 errichteten Bahnhofsgebäude diente zunächst die damalige Bahnhofstraße (heute Martin-Luther-Straße). Da diese jedoch nicht direkt auf den Bahnhof zulief und zudem auch noch der Straßenzug Ehrenfeld im Westen in einer Sackgasse endete, bot sich die Anlage der neuen Straße nahezu an.
Als Straßennamen wählte man die Bezeichnung „Victoriastraße“, welche an die Siege in den Einigungskriegen erinnern sollte. Dass am gleichen Tag mit „Friedrichstraße“ (vermutlich eine Reverenz an Friedrich den Großen) und „Augustastraße“ (Reverenz an die Kaiserin) zwei weitere preußisch-patriotische Namensvergaben erfolgten, ist in gewisser Weise charakteristisch für das Wilhelminische Zeitalter.
Nach dem Baubeschluss im Jahre 1889 wurde 1899 zunächst nur das Teilstück zwischen Bahnhof und Friedrichstraße mit Ruhrsandstein gepflastert und mit Rinnen und Trottoir versehen. Die Planungen sahen eine Fortführung der Straße bis zum Neumarkt vor. Diese Verlängerung sollte aber lange auf sich warten lassen. Im Jahre 1907 beantragten Anwohner des Marktplatzes ohne Erfolg die Weiterführung der Straße. Im Jahre 1913 verlangte die Post für die Planung eines neuen Postgebäudes Auskunft darüber, ob die Victoriastraße nun, wie im Stadtbauplan vorgesehen, tatsächlich um den Abschnitt zwischen Viersener Straße und Friedrichstraße verlängert würde. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss daraufhin am 9.6.1913 die verlängerte Straße unter bestimmten Voraussetzungen auszulegen. Entschädigungszahlungen für einbezogene Grundstücke belegen, dass mit der Auslegung begonnen wurde, doch wurden durch den Ersten Weltkrieg weitere Maßnahmen einstweilen zurückgestellt. Im Laufe des Krieges ergaben sich in der Planung dann noch einige Änderungen. Nachdem vorgebrachte Einsprüche gegen die Fluchtlinie zunächst Ende 1915 abgelehnt wurden, genehmigte man am 12.4.1916 doch eine gewisse Abweichung.
Im Laufe des Ersten Weltkrieges führte die allgemeine Verehrung des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg schließlich dazu, dass man die Victoriastraße in Hindenburgstraße umbenannte. Wann genau die Umbenennung beschlossen wurde, ist in den Niederschriften des Gemeinderats nicht belegt, doch muss sie spätestens 1918 erfolgt sein. Zunächst bezog sich diese Bezeichnung nur auf den Bereich zwischen Friedrichstraße und Viersener Straße. Nach dem Krieg (1922) beschlossen die Stadtverordneten, die bisherige Victoriastraße vom Bahnhof bis zur Friedrichstraße als selbstständige Straße aufzugeben und sie als Fortsetzung der neuen Hindenburgstraße anzusehen. Die erste namentliche Erwähnung der Hindenburgstraße findet sich unmittelbar nach Kriegsende. Am 25.11.1918 beschloss der Gemeinderat, der durch Kriegsheimkehrer dramatisch steigenden Arbeitslosigkeit durch Notstandsarbeiten zu begegnen, die u.a. auch dem Ausbau der Hindenburgstraße bis zur Viersener Straße dienten. Nach weiteren Arbeiten in den Jahren 1925/26 bzw. 1934 konnte 1938 der Ausbau endgültig abgeschlossen und die Straße mit einer Teermischdecke versehen werden.
In den 1920er Jahren erhielt die Straße durch mehrere öffentliche Gebäude eine weitere Aufwertung. Im Jahre 1925 zog die Postverwaltung vom alten Standort Ecke Hindenburgstraße/Viersener Straße in den wesentlich größeren Neubau an der Ecke Hindenburgstraße/Friedrichstraße. Das zweigeschossige Backsteingebäude, seit dem 16.8.1925 in Betrieb genommen, ist ein „gut erhaltenes Zeugnis der traditionalistischen Moderne der 1920er Jahre“ (Nr. 437, Denkmalliste). In das alte Postamtsgebäude von 1895 zog 1925 das staatliche Katasteramt ein. Später befand sich hier die Filiale der Stadtsparkasse.
Der heutige Straßennamen Heinz-Luhnen-Straße ist mit der Kommunalen Neugliederung verbunden. Da es damals in fast jeder Stadt eine Hindenburgstraße gab, so auch in Süchteln und Viersen, wurde eine entsprechende Umbenennung notwendig.
Der neue Straßenname diente der Ehrung des erblindeten Dülkener Musikers Heinz Luhnen (1894 – 1962). Er gehörte zu den Gründern der Dülkener Karnevalsgesellschaft, an deren Erfolgen er mit seinen musikalischen und dichterischen Beiträgen erheblichen Anteil hatte. Unter anderen geht die Dülkener „Nationalhymne“ – „Gloria tibi Dülken“ – auf ihn zurück. Mit 15 Jahren erblindete er völlig und erlernte auf der Dürener Blindenschule neben dem klassischen Beruf der Blinden, der Korbflechterei, das Stimmen von Klavieren. Er besuchte das Musikkonservatorium in Mönchengladbach und gründet später ein Musikgeschäft. Neben vielen Liedern schrieb er die Stücke für das „Orpheum“. 1955 erhielt er die Ehrenplakette der Stadt Dülken, die Narrenakademie ernannte ihn zum Ehrensenator und 1959 zum „Doctor humoris causa“.
Quellenangabe:
Verein für Heimatpflege e.V. (Herausgeber) 2014: „Die Dülkener und Boisheimer Straßennamen“
Ihre Entstehung, Erklärung und Deutung
Ein Beitrag zur Geschichte und Topographie der Stadt
Viersen – Beiträge zu einer Stadt, Band 40, Viersen 2014